Das wird teuer

Es ist schon so lang her, dass Felix de Luxe losfuhr. Mit einem Taxi nach Paris. Insofern ist es längst überfällig, dass sich mal wieder jemand auf den Weg macht. Fast 40 Jahre nach Felix begibt sich nun also Joey auf die Reise. 2021 heißt das natürlich "Uber nach Paris" und ist deutscher Rap ganz ohne Gangster.
Joey Bargeld ist vor Jahren gestartet im Schatten von Trettmann, hat drei beachtenswerte EPs mit KitschKrieg veröffentlicht und sich so in der Szene etabliert. "Uber nach Paris" ist verbunden mit der Ankündigung einer weiteren EP des Hamburgers, der sich gern mehr als der Punk als der Rapper sieht. Aber keine Berührungsangst: "Uber nach Paris" ist gut verdaulicher HipHop. Gern auch zum Mitsingen. Wie einst das "Taxi nach Paris".

www.joeybargeld.de

Irgendwo singt der Wal

Beschreibt ein Musiker sein Werk als entrückt und losgelöst von Pop- und Jazzstrukturen, wird sein Anspruch keinesfalls sein, einen Verkaufsschlager in die Läden zu bringen. Folgerichtig veröffentlicht Tortusa mit „Bre“ ein sehr persönliches Album, in dem nordischer Wind, Holzboote, Blech und Vogelstimmen wesentliche Rollen spielen.
Deren Geräusche hat der US-stämmige Norweger in Kalifornien, Italien und Norwegen aufgezeichnet. Anschließend mit Samplern, Loop-Stationen und modularen Synthesizern bearbeitet und in ein polarlichterndes, elektroakustisches Flirren verwandelt, welches tatsächlich nicht jedermanns Ansprüche an Musik erfüllen wird.
„Bre“ erfordert aktive Beteiligung des Hörers, weil auch die eigens vom Dichter Erlend Wichne kreierten Titel der 12 Stücke eine Geschichte erzählen sollen, „aber nur Teile davon, damit der Hörer sie selbst deuten kann“, wie John Derek Bishop aka Tortusa meint.
Also dann mal flugs norwegisch gelernt, die Vogel-App bereit machen und sich in das morgen erscheinende „Bre“ vertiefen.

www.bishop.no

Anleitung zum Glücklichsein

tiawa„Ich hoffe, der Song macht die Leute glücklich, wenn sie ihn hören. Das ist die Hauptsache“, sagt Tia-Awa Blackhorse, die den Track „Shine bright“ unter ihrem Pseudonym Tiawa just veröffentlicht hat.
Die Chancen stehen sehr gut, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht. „Shine bright“ ist ein wunderhübsches Stück Musik, das punktet mit diesem unwiderstehlichen Fender Rhodes Loop, der irgendwo zwischen Bahia und Kingston festhängt. Überhaupt bietet der Song eine Menge zu entdecken, denn Einflüsse hat er reichlich. Neben den klasse Rhodes sind es die rap-style vocals mit einem Soultouch, die bewirken, dass „Shine bright“ zwischen Neo-Soul, Jazz und HipHop mäandert und von einigen deshalb bereits als purer Trip-Hop gefeiert wird.
Das lässt viel erwarten von der britischen Newcomerin. Hört selbst rein.

Wenn wieder warmer Wind weht

Ist sowas ein Gute-Laune-Song? Nein, die neue Single „Winter“ von FIBEL ist ein sehr schöner, leicht rauher Sehnsuchtsseelenwärmer. Es wird vielen so bekannt vorkommen, wenn Sänger Jonas Pentzek sagt: „Doch ich wollte dir noch sagen, dass ich mich seit Jahren noch nie so sehr auf Sommer gefreut hab.“
Verpackt ist die Ode an Wärme, laue Nächte, die Brise und das T-Shirt in popmelodischen Post-Wave, der FIBEL seit der Debüt-EP „Kommissar“ von 2017 auszeichnet. Die Jungs haben sich damals an der Popakademie Mannheim kennengelernt und leben inzwischen in...selbstverständlich Berlin! Dort wo der Winter hart und der Sommer bestimmt länger, lauter und lustiger ist.

www.fibelmusik.de

Wenn Fische singen

Vor langer Zeit entsprang der deutschen Musik-Ursuppe die hochentwickelte Spezies der Elektronikbands. Kraftwerk, Tangerine Dream oder Einzelgänger wie Klaus Schulze erreichten mit ihrem damaligen Output eine internationale Reputation wie sie deutsche Rockmusiker bis dahin nicht kannten.
Newmen nimmt sich diesem Erbe an ohne versuchen zu wollen, in die doch sehr großen Schuhe von Hütter, Schneider, Bartos und Co. zu schlüpfen. Dennoch ist die Musik der Frankfurter Band deutlich an dem damaligen Klang orientiert. Newmen erweitern den Sound jedoch mit verhallten Gitarren. Der neue Song "No tricks with the ocean" ist das neueste Material der 2012 gegründeten Band und offensichtlich klimawandelinspiriert. Sieben Minuten lang entwickelt der Song Synthieflächen und Gitarrenechos über einem steten Elektrobeat. Eine schöne Symbiose aus Gestern und Heute.

www.newmenband.com

Bass culture

Heute legt Blu DeTiger endlich ihre 7-Track-EP „How did we get here“ vor. Wir haben das Werk mit Spannung erwartet, nachdem erste Singles der EP die Runde machten.
Und: Das Warten hat sich gelohnt. „How did we get here“ ist krass funky, voller Seele und unfassbar cool. Die fulminanten Basslines der jungen New Yorkerin retten jeden Track, der in eine zu große Popnettigkeit abzudriften droht.
Das kleine Album bietet saftige Discobeats und schöne Midtempo-Mitwipper. Selbst das zweiminütige Instrumental „Disco banger but you're in the bathroom“ findet einen passenden Platz. Und wenn "Toast with the butter" nicht für die sofortige Auferstehung von Prince sorgt, fress' ich einen Besen. Mit Stiel. Das ist astreine Vielfalt, die dazu führt, dass die Enttäuschung nach sieben Stücken riesig ist, weil es schon vorbei ist.
„How did we get here“ ist eine echte Ansage der 21-jährigen Bassfrau, die hoffentlich nicht nur große Klappe ist, sondern lange nachhallt.

www.bludetiger.com