Schmidt & Co.

Mein erster Gedanke zu Hamish Hawk war: Ulrich Tukur ersetzt Morissey bei der Reunion von The Smith. Ich erlag dieser Sinnestäuschung wegen der Rückkehr des übergroßen Jackets in die Popmusik.
Doch schauen wir hinter die Schulterpolster. Dann erkennen wir, dass Hamish Hawk für großartig komponierte Songs steht, die er mit einer messerscharfen Ernsthaftigkeit vorträgt und mit einem Hauch von Wahnsinn würzt. Beispielhaft steht jetzt "Think of us kissing" in den Startlöchern mit pathetischen Gitarren und einem flackernden Keyboard. Das kommt sehr überzeugend rüber und kitzelt die Neugier auf diesen stylishen Schotten.
Die Neugier wird vollständig am 03. Februar 2023 gestillt, wenn Hamish Hawk sein zweites Album "Angel numbers" veröffentlichten wird. Passenderweise bei Post Electric Artists. Hinhören!

www.hamishhawk.com

Extremtanz

Tom Misch füllt Hallen, Tom Misch generiert massenweise Klicks. Doch nebenbei betreibt Tom Misch das Projekt Supershy, welches sich dem Genre der Extremtanzmusik widmet. Sehr frisch aus der Supershy Soundschmiede erscheint nun "Don't let go".
Ein Stück, das mit einer supertrockenen Snare beginnt, die abgelöst wird von Handclaps und einem extrafetten Bass-Sound. Dazu blubbert sich eine Synthieline durch den Track, die von einem legendären 303-Keyboard aus dem Hause Roland stammt. Ein Bassersatzkeyboard, das back in the eighties für seinen unnatürlichen Sound verschmäht wurde. Wer alt genug ist, wird diesen Sound erkennen!
"Don't let go" sind viereinhalb unverzichtbare Minuten für eure nächste Party.

www.instagram.com/supershy

Die Axt im Haus erspart den Mann

Die Musik des Kieler Punkrocktrios tot ist weit davon entfernt, lediglich nach likes und clicks zu schielen. Das neue Album "Ferien" wartet erneut mit geraden Bassläufen, kreischenden Gitarren und hämmernden Drums auf. "Ferien" ist das dritte Album von tot und voller Punkrockhämmer im Namen der vertonten Bocklosigkeit.
Das ist Musik, die Eichen fällt auch ohne Werkzeug. Ihr müsst euch erstmal trauen, diese Platte zu kaufen. Aber: Nach Auskunft der Band ist das neue Album handverlesen und mundgepökelt!

www.tototot.bandcamp.com

Rap in Farbe

Ein wenig Gitarre, ein paar Synthie-Spielereien, auch mal Piano, verhallte und vielfach geschichtete Vocals sowie selbstverständlich boom-clap in multipler Ausprägung: Fertig ist der Hip Hop in Wesley-Joseph-Manier. Das erscheint simpel, kreiert allerdings anspruchsvolle, bunte Rapmusik. Und wird von durchdachten Videoclips begleitet, die weit entfernt sind von den üblichen Poolpartyvideos.
Kein Wunder: Wesley Joseph ist auch als Regisseur tätig und gestaltet Musikvideos wie Kurzfilme. Damit macht der Brite seit letztem Jahr auf sich aufmerksam. Seit er sein Debüt "Ultramarine" veröffentlichte. Der neue Track "Monsoon" bereitet uns nun auf das Nachfolgealbum "Glow" vor. Das wird mit acht Tracks am 17. Februar 2022 über das Independent-Label Secretly Canadian erscheinen. Cooler mit jedem Hören. Achtung, Achtung!

www.wesley-joseph.com

Anna mit fluppe

Es ist die Wahrheit: Indierocker spielen zwar harte Gitarren, haben aber ein weichen Kern. Wie zum Beweis präsentiert die Hamburger Band fluppe die neueste Single "crystal". Sofort ziehen bunte Wolken auf, wenn dieser zuckersüße Song startet.
"crystal" handelt vom Gefühl, in Watte gepackt zu sein, in Zuckerwatte, weil da plötzlich ein Mensch ist, mit dem man im Doppelflausch unterwegs ist. Vermutlich ist das Verliebtsein der einzige Grund für die Erfindung der Rockmusik.
fluppe macht gemeinsam mit der Labelkollegin Anna Wydra aus "crystal" ein gefühliges Duett. In der harten Coronazeit barg Zweisamkeit eher Konfliktpotential, nun ist wieder Zeit für kuschelige Emotionen. Mit "crystal" schickt Fluppe die dritte Auskopplung des kommenden Albums auf die Reise. Ende Januar 2023 erscheint "boutique" bei Chateau Lala und lässt ein wenig Hamburger Rockmusikgeschichte aufleben.

www.fluppeband.de

Nicht aus Herne: Dubinski

Warum die vier Gaine-Brüder Eugene, Fergus, Donal und Eoin aus Glenlivet in den schottischen Highlands ihre Band Dubinski nennen, wird vermutlich eine häufig gestellte Interviewfrage in den nächsten Wochen. Wir ignorieren das einfach und lassen uns nicht hinters Licht führen. Denn die Jungs können sich nennen wie sie möchten, verschleiern können sie nicht, dass Dubinski eine britische Band ist.
Der Beweis ist das morgen erscheinende Debütalbum "Dubinski". 14 Stücke feiner Insel-Indie-Rock, der manchmal verspielt daher kommt, phasenweise ein wenig poppig ist, aber auch mit schönen Gitarrenbrettern aufwartet und einigen Dingen, die den Menschen in den 80er auch schon Spaß machten. Das Album bietet durchgehende Abwechslung mit ausreichend Partysongs ("Beyond me"), mit einer schönen, kuscheligen Nummer wie "Shook the blues away" und einfachen, aber wichtigen Botschaften ("Song about colour").
Meine Empfehlung: Hört euch ab morgen "Dubinski" an, selbst wenn diese Musik nicht zu eurem Kerngeschäft zählt. Bereits der Albumopener "Soothsayer" überzeugt. Dann freut euch auf die kommenden Live-Gigs, die hoffentlich auch im Ruhrgebiet stattfinden. Dort, wo es ganze Reihenhaussiedlungen voller Dubinskis, Burzinskis gibt und Leute mich gerne Lubinski nennen.

www.dubinskimusic.com