So schön einsam

rhi nocturnes coverEs verwundert, dass Rhi nicht längst eines ihre Werke "Nocturnes" genannt hat. Die Kanadierin hat das Vertonen nächtlicher Stimmungen zu ihrem Markenzeichen gemacht, seit sie 2018 ihr erstes Album veröffentlichte.
Jetzt folgt auf das zweite Album "The pale queen" eine EP mit dem angesprochenen Trademark-Titel "Nocturnes". Und wieder treibt Rhi ihr Spiel mit der elegisch-schmerzhaften Nachtstimmung, die befeuert wird durch die private Situation der Frau nach Beendigung einer langjährigen Beziehung. Klare, träge Beats mit Fingerzeigen in Richtung HipHop und Trap verschneidet Rhi mit kleinen, feinen Keyboardmelodien und ihrem zurückgenommen Gesang, der manchmal wirkt wie Rezitation.
Das ist die großartige Wirkung einfachster Stilmittel. Ich denke, ich stelle mir den Wecker auf 3 und fahr mit dem Auto durch die leere Stadt. Wozu passt "Nocturnes" besser?

www.rhimusic.bandcamp.com

Multinational music

Ihr kennt das: Du bist der Meinung, dass die Musik, die du gerade hörst, das Nonplusultra ist und niemand auf den Gedanken kommen könnte, das sei nicht so. Und dann sagt dir jemand ins Gesicht, wie scheiße er diesen Sound findet. Das kann doch nicht sein. Genau wird es auch mit dem neuen Album von Jitwam sein. "Third" kommt morgen auf den Tisch und ist derart maximal lan, lit, krass oder cool. Aber ich hör jetzt schon, wie jemand in die Suppe spuckt.
Dabei ist "Third" mega funky, der Sound für deine Party oder deine Kopfhörer, denn es macht vor keinem Einfluss halt. Da gibt es Funk und Soul, Latin und Disco. Traditionelle Jazz-Einflüsse stehen neben aktuellster Elektronik. Der Opener "India" spult dich zurück zu Michael Jacksons "Wanna be startin' something", und könnte hinter "Equaminity" nicht auch feat. Erykah Badu stehen? "Hey Papi" kombiniert Soul mit verzerrten Gitarren und am Ende zelebriert Jitwam ein "Maryjane" das der gleichnamigen Freundin von Rick James in nichts nachsteht.
Was ein Hammer-Album! Und wehe, jemand behauptet anderes.

www.jitwam.com

Kutimans Fernsehballett

Als ich nun von Kutimans neuer Single hörte, fiel mir auf, dass die ersten Einträge von Kutiman in meiner Audiothek bereits von 2007 sind. Der Mann ist lange im Geschäft und begeistert weiterhin mit seiner speziellen Art souliger Sounds.
Die neue Single "My everything" überzeugt mit viel Groove, einem satten Soulgefühl und verbindet Sounds, die in anderem Kontext vielleicht eher peinlich wären. Es ist wieder einmal eine Neuinterpretation des eklektischen, groovigen Sounds von Kutiman.
Wirklich erstaunlich, was Kutiman beim Müllrausbringen nebenbei abliefert. Gut, dass der Typ seinen neunjährigen Rückzug in einen Kibbuz in der Negev-Wüste beendet hat und jetzt wieder in aller Öffentlichkeit kleine Meisterwerke erschafft. Dementsprechend heißt das kommende Album "Open" und soll im September bei Siyal Music erscheinen.

www.kutiman.bandcamp.com

 

Gottseidank Punk

Ist das Blut auf den Trommeln? Vermutlich ja. Denn man sieht schließlich, wie der Typ von das blühende leben auf seine Felle drischt. Es ist der Startschuss für drei Minuten Highspeed-Rock mit Punkturbo. Richtig Spaß macht "Normal" nicht nur den drei Jungs aus Mannheim, sondern auch den Zuhörern, wenn sie denn energiegeladenen Indie-Rock mögen.
"Normal" spielt mit dem titelgebenden Begriff. Für wenn soll ich eigentlich normal sein? Und wie soll ich dann sein? Dass bei derartigen Fragestellungen der Gott und der Papst eine Rolle spielen, ist eigentlich gar nicht erwähnenswert.
Es ist herrlich ungeschliffen, was das blühende Leben auftischt und es ist sehr passend, dass das Ganze bei Angeber Records veröffentlicht wird. Prognose: Da kommt noch was von das blühende Leben. Und es lebt die Hoffnung, das die Drei schön bekloppt bleiben.

www.das-bluehende-leben.de

Doch ein nettes Mädchen?

Die junge Dame hat uns mit den ersten Singles des neuen Albums ein wenig an der Nase herum geführt. Songs wie "Talk" und "10:36" wuchern mit kernigen Gitarrensounds, denen wir bereits Shoegaze-Verdacht unterstellten. Jetzt ist endlich das zweite Album "Beatopia" raus und Beabadobee zeigt uns damit auch ihre lange Nase. Auf "Beatopia" geht es beizeiten ziemlich gefühlig zu, man hört hier und dort Streicher und Harfen und manchmal brennt im Hintergrund ein Lagerfeuer.
Zwischenzeitlich hört sich das nach Musik an, mit der 17-jährige Mädchen ihre gleichaltrigen Klassenkameraden nerven. Aber Bea kriegt immer die Kurve und haut ordentlich einen raus wie bei "Don't get the deal".
Das lässt sich selbstverständlich prima als Weiterentwicklung vermarkten, könnte aber ebenso für Das-zweite-Album-ist-das-Schwerste sprechen. Deshalb: Einfach reinhören und Daumen hoch oder runter.

www.beabadoobee.com

Aus den Eighties, für die Twenties

Niemand ahnte, dass hier bei unruhr einmal Wolle Petry zum Thema wird. Das ist unschön, passiert aber nur, weil wir damit einer jungen Frau den Weg bereiten wollen, die es verdient hat. Emilie Azaaria veröffentlicht gerade die Single "Just a woman" als Auftakt für ihre Debüt-EP. Und dieser Song hat herrlichen 80er-Flair, was auch an Burkhard Lipps-Thelen an der Gitarre liegt.
Der Besagte spielte die Sologitarre bei Wolfgang Petrys Hit..., aber ich möchte das hier nicht vertiefen. Jedenfalls ist "Just a woman" ein schöner, funkiger Dancetrack mit knackiger Bassline geworden, der ob seiner Eingängigkeit fast von der kritischen Botschaft des Songs ablenkt. Emilie geht es um weibliche Selbstermächtigung, die es den heute immer noch existierenden Ungerechtigkeiten entgegen zu setzen gilt.
Es ist also ein Statement, was Emilie Azaaria in die Welt bringt. Und da die Debüt-EP "Become a woman" heißt ist ganz klar, wohin die Reise gehen soll. Was zu Hinhören.

www.linktr.ee/emilieermler