Von Grönemeyer bis Greshake

"Deine blaue Zahnbürste liegt noch hier" beginnt Barbara Greshake ihre neue Single zu ein wenig Gitarrengeklimper und ich denke: PeterLicht?!? Das bestätigt sich nicht im weiteren Verlauf von "Ich fühle, was du nicht fühlst". Dennoch: Barbaras Pop hat ein bisschen Schräge, ein Funken Abseitigkeit, was sie im Kern mit PeterLicht verbindet.
Auch der Sound ihrer Musik ist anders. Man höre nur einmal auf die Snare von "Ich fühle, was du nicht fühlst", die sich fast nach Spielmannszug anhört. Barbaras Ziel ist es, in ihre Songs den Sound Skandinaviens zu integrieren. Es schwebt ihr ein tiefer Sound vor, für den man auch auf eigenwillige Instrumentierung zurückgreifen kann.
Die Frau ist offensichtlich Fan von guter Musik, aber nicht von deutschem Geradeaus-Pop. Das ist vielsprechend im Hinblick auf das Solo-Debüt der Kölnerin, das unter dem Titel "Gemischte Gefühle" am 25. November bei Chateau Lala erscheinen wird. Und die Omas und Opas unter euch werden sich erinnern, dass es bereits schon einmal ein deutsches Album mit diesem Titel gab, das 1983 Auftrieb für die Karriere Grönemeyers bot. Ein gutes Omen.

www.instagram.com/barbara_greshake

 

Pssst...Jeb Loy bittet zum Tanz

Jeb Loy Nichols und Adrian Sherwood sind seit langem gute Freunde und diese Freundschaft manifestiert sich von Zeit zu Zeit in gemeinsamen Alben. In der Vergangenheit war Sherwoods große Reggae-Expertise oft dominant. Bei der neuesten Zusammenarbeit zu "United States of the broken hearted" steht nun Nichols' Folk und Country Sozialisation im Vordergrund.
"United States of the broken hearted" besteht aus zwölf Songs, in deren Mittelpunkt Jeb Loys Stimme und Akustikgitarre stehen. Diese Basis wird von Sherwood ganz sachte mit Bläsern, Streichern, Keyboards und einem sehr vorsichtigen Schlagzeug ergänzt.
Das Ziel war, viele unterschiedliche Einflüsse wie Folk, Bluegrass, Jazz und Soul zu diesem einzigartig amerikanischen Sound zu verschmelzen. Die Vermutung liegt nah, dass die Vinylausgabe von "United States of the broken hearted" aus Holz ist und gemütlich knisternd auf eurem Plattenspieler läuft.
Dieses sehr getragene Album wirkt abschnittsweise auf den ein oder anderen vielleicht einschläfernd. Sherwood und Nichols setzen einen ganz bewussten Kontrapunkt zur lauten Hektik der heutigen Musik und Jackson Mount greift das im Clip zur ersten Single "Big troubles come in through a small door" perfekt auf.
"United States of the broken hearted" ist ein Album, für welches das alte deutsche Wort erbaulich genau das richtige Adjektiv ist.

www.jebloynichols.co.uk

Blues der Postmoderne

MIt diesem interessanten Begriff hat Lookman Adekunle Salami früher seine Musik bezeichnet. Dazu steht L. A. Salami nicht mehr vollumfänglich, dennoch besitzt der Begriff auch bei der heutigen Veröffentlichung seines vierten Albums "Ottoline" eine Restwahrheit. Denn wie sonst sollte man die Musik des Mannes bezeichnen?
Lookman bedient sich in derart vielen Genres, dass seine Fans durchaus den Überblick verlieren können. Salamis Musik kann man natürlich dem Singer-/Songwritertum zuordnen, man kann auch auf die HipHop-Einflüsse abstellen, natürlich hört man auch Soul, eventuell auch klassische Einschläge oder Sounds der afrikanischen Heimat seiner Vorfahren.
Auch "Ottoline" ist maximal vielfältig, folgt aber Lookmans Erkenntnis, dass es nicht darum geht, "wie gut du singst, sondern wie ehrlich du bist und wie authentisch und wieviel Wahrheit du in eine Melodie bekommst."
Hut ab dafür und natürlich für "Ottoline", das nicht nur mit Erkenntnissen obiger Art besticht, sondern auch mit exquisiter Instrumentierung und bemerkenswerten Arrangements. Oder wie es L. A. Salami prägnat zusammenfasst: This is the sound!"

www.lasalami.com

 

Von wegen Juju

Ich bin auf Karolina herein gefallen. Denn hinter Juju vermutete ich die afrikanische Tanzmusik. Doch gemeint ist Karolinas Producer Rejoicer aka Juju, der Karo und Jenny Penkin hat warten lassen, nachdem die Beiden den Song fertig hatten und nur noch auf den letzten Schliff der Produktion warten mussten.
Afrikanische Sounds sucht man daher vergeblich bei "Ready for Juju". Es ist ein entspannter Soultrack, der aus angenehmen Geplucker, quietschigen Keyboards, extraverzerrten Vocals sowie sehr schönen Beats vom Schlagzeug besteht und mit einem derben Schlag auf die Snare endet.
Karolina, die sich übrigens ganz deutsch ausspricht, ist in Israel zu Hause und schon eine gute Weile im Geschäft. Sie hat bereits Shows eröffnet für die Black Eyed Peas, Lauryn Hill sowie Erykah Badu und mit Ziggy Marley zusammen gearbeitet. "Ready for Juju" ist die Ankündigung von Karolinas erstem englischsprachigen Soloalbum "All rivers". Das wird am 18. November bei Tru Thoughts erscheinen.

 www.karolina.bandcamp.com

 

Wenn im Whirlpool das Wasser fehlt

Letzten Endes ist Rockmusik doch immer dann besonders geil, wenn jemand kompromisslos auf die Trommeln eindrischt und andere dazu lustvoll die Saiten von Gitarren quälen. Genauso wie es Die Partie auf ihrer neuen Single machen. "Nacktsein" hat nicht nur einen atemberaubenden Titel, sondern wartet mit geradlinigen Indie-Rock und einer gesunden Portion Punk-Attitüde auf. Die Nummer wird standesgemäß in einem schönen Schwimmbad-Clip zelebriert.
Die Vier kommen aus Linz und schicken sich an, die nach ihrer Heimatstadt benannten Linzer Schule des Indie-Rock auf's Gleis zu setzen. Das sind hohe Ansprüche an sich selbst. Aber kommt man anders weiter?
"Nacktsein" ist der Vorbote auf das Debütalbum der österreichischen Band, welches für 2023 geplant ist. Wir werden das unbedingt im Auge behalten.

www.instagram.com/die.partie

Pop und Yoga

Im Jahr 2015 hat Kelela auch uns nachhaltig beeindruckt. Mit ihrer eigenwilligen Spielart des R&B, die zwar die Standards des Genres nicht außen vor lässt, aber mit fast schon psychedelischen Sounds anreichert.
Nach kurzer Zeit war damit Schluss und erst einmal Pause. Die Auszeit hat Kelela jetzt beendet. Nach fünf Jahren gibt es einen neuen Track der Frau, mit dem sie in ihre eigenen Fußstapfen tritt. In "Washed away" erzeugen verhallte Synthies eine ätherische Atmosphäre, die Kelela erst am Ende des Songs mit donnergrollenden Beats und Yogamoves ergänzt.
Die Amerikenerin mit äthiopischen Wurzeln sagt dazu: "Ich liebe Banger, aber für die erste Kontaktaufnhme nach meiner Pause fühlte es sich ehrlicher an, mit einem atmosphärischen heart-check zu beginnen".
Wir freuen uns, dass Kelela erneut Kontakt mit der Musikwelt aufgenommen hat, um mit uns weiterhin ihre abseitige Art von R&B und Tanzmusik zu zelebrieren.

www.kelela.co