Natural Black - Far from reality (2006 Greensleeves Records)

Niemanden interessiert tatsächlich das Recycling eines Joghurtbechers. Wenn aber der Joghurtbecher mit modernem Design kombiniert und daraus eine stylishe Nachttischlampe wird, werden viele Menschen damit froh. Und ich freue mich, wieder etwas geschrieben zu haben, ohne das Geringste damit ausgesagt zu haben.

Es geht nämlich nicht um Wohnraumgestaltung, sondern um das inzwischen dritte Album des naturalisierten Jamaikaners Natural Black aus Guyana. Also nicht so weit von zu Hause, aber angeblich Far from reality. Auf jeden Fall haben der Junge und sein Produzent und Co-Autor Marlon McCubbin das Ohr nah an Historie und Gegenwart des Reggae. Die Fachpresse ordnet Far from reality dem One-drop-Revival zu. Dabei handelt es sich um die Spielart, die für das Gros der Konsumenten, die Musik hören und nicht analysieren, den klassischen Reggae darstellt. Bass drum und Snare setzen die rhytmische Betonung in einem Drop, bereits 1979 von Bob Marley & The Wailers in gleichnamigem Song gewürdigt.

Bei Natural Black sitzt natürlich niemand mehr hinter einem Schlagzeug. Hier kommen wir also in die Phase, in der aus dem Joghurtbecher die Nachttischlampe wird. Auf Far from reality hört man modernen Klassikreggae, Computer-One-Drop. Alt und neu wird locker zusammengeführt und vielleicht ist es die nicht-jamaikanische Herkunft des 29-jährigen, aus der diese lässige Integration auch anderer Einflüsse resultiert. In den Händen hält man dehalb eine Zusammenstellung von 12 Stücken (auf Vinyl), die abwechslungsreich, aber in sich stimmig ist. Das Spektrum reicht von Vorzeige-One-drop (Memories of life) über Uptempo-Nummern (Think big) zurück zu Balladen (Jah will never leave us, Beautiful place). So passt auch Natural Blacks Version auf dem Istanbul-Riddim aus dem Hause Purple Skunk (Life be the same way).

Das Album macht Spaß, aber haut einen nicht um, denn Natural Black ist nicht unverwechselbar. Der Dread weiß zurzeit noch nicht so genau, wohin mit seiner Stimme. Möchte er wie Buju Banton klingen oder doch eher wie Beres Hammond? Die Varianz ist zu groß und eine Einzigartigkeit wie bei Luciano oder Garnett Silk keinesfalls vorhanden. Trotzdem ist Far from reality beste Unterhaltung. Natural Black ist zu empfehlen, wenn man mit Lutan Fyah, Chezidek, Taffari und Ähnlichem bereits warm geworden ist. Und natürlich mit Nachttischlampen aus Joghurtbechern.

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