Ray Wilson and Stiltskin - SHE (2006 sandport)

ray wilsonRay Wilson zeigt einmal mehr, dass er ein einzigartiger Songwriter ist. Für das neue Album „SHE" hat er einige seiner alten Mannen von Stiltskin (ich meine mich zu erinnern, dass dieser Name eine anglisierte Form der verzweifelten Märchen-Figur Rumpelstilzchen ist), die mit No. 1-Hit „Inside" und dem zugehörigen Album vor etwa einer Dekade der Musikgeschichte äußerst erfolgreich waren, wieder um sich versammelt und ein abwechslungsreiches, interessantes und aussagekräftiges Werk geschaffen. 

Die CD beginnt in alter Manier fast sphärisch klingend um dann aber recht schnell mit treibenden zum Teil explosiven Gitarrenriffs durchzustarten. Auf diesem Album ist dies durchaus vorherrschend, zumindest immer wieder kehrend, sodass schnell klar wird: hier kommt fetter, harter, ein bisschen düsterer Rock nach Grunge-Stil. Der Sound setzt sich vor allem zusammen aus vollen E-Gitarren und schrägen, schwermütigen aber auch mal melodiösen Klängen, zuweilen unterstützt durch klassische Arrangements. Dabei wird ein breites Spektrum von Balladen über klassischen Rock bis hin zu experimentellen Stücken abgedeckt. Die Inhalte sind sowohl zeitgenössischer als auch persönlicher Art, wobei besonders die passenden melancholischen aber auch kompromisslosen Texte typisch für Ray Wilson sind.

„Fly High", der erste Song über die Flucht aus der Normalität setzt bereits deutliche Akzente und überzeugt durch variablen Sound und dynamisches Songwriting. Es ist ein Song, der sich aufbäumt um dann sanft auszuklingen. Der zweite Song „Taking Time", mein persönlicher Favorit, besingt auf dramatische Weise eine tragische Beziehungsgeschichte, bei der der Teufel seine Hände im Spiel hat, und endet mit einer biblischen Anspielung und der „number of the beast 666". Wilsons variable, leicht rauchige Stimme klingt mitunter auch etwas düster an, fast wie bei Type O Negative. Der Titelsong „She" über einen besessenen Fan entwickelt die düstere Stimmung weiter und ist ebenso ein echter Knaller, der sich im Ohr festsetzt, besonders da der Text von geschickten Wiederholungen „you're getting over me", „I'm over you", „don't tell me that it's over" geprägt ist.

Weitere persönliche Themen sind lost love in „Constantly Reminded" und der Wille auszubrechen in "Sick and tired" sowie Spiritualität in „Show me the way". Aber auch vor gesellschaftspolitische Problemen macht Wilson nicht Halt. So begegnet er dem in Europa vorherrschenden Problem der Konfrontation verschiedener Kulturkreise mit dem Aufruf gegen Rassismus „Wake up your mind" und lässt sich über die Ausbeutung und Verheizung junger hoffnungsvoller Künstler in der Musikszene in „Fame" aus.

 „Lemon Yellow Sun" erwies sich laut Aussagen des Sängers bei Liveauftritten bereits als Publikumsfavorit und ist auch passenderweise als Singleauskopplung vorgesehen. Es ist bei Weitem das melodischste Stück auf dem Album und hat eher hoffnungsvolle Züge, womit es auch musikalisch deutlich Wilsons Handschrift trägt.

„SHE" ist nicht schön, so wie auch vieles in der Welt nicht schön ist. Aber es ist schön schräg. Musikalisch werden auf geschickte Weise sowohl Elemente, die man als Wilson's Roots bezeichnen könnte, zu denen er z.B. Bowie zählt, als auch modernere Einflüsse in Richtung Audioslave, Radiohead oder auch Colplay hörbar. Insgesamt bleibt er einer klaren Rocklinie treu und insbesondere Fans von Wilsons Vorgängerprojekten werden auch diese CD lieben.

VÖ für die CD: 06. Oktober 2006, Tourdaten in der Unruhrzone ab 12. Oktober 2006

http://www.stiltskin.org/
http://www.raywilson.net/

-Lady Reason-