Rhesus - Sad Disco (Pias/Rough Trade)

Rhesus CoverRhesus aus Grenoble sind ziemlich schnell in eine bestimmte Ecke geschoben worden. „Just let go" als Song für die letzte Nivea-Kampagne, elegant getunter Pop auf hohem Niveau, good-vibrations mit einigen melancholischen Momenten, zarte Jungs-Mädchen-Geschichten. Tja, und was soll ich sagen: Es stimmt (fast) alles.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: „Sad Disco" ist ein feines Stück Musik - mit dem richtigen Maß an künstlerischer Attitüde. Was hier als melodiöser Indie-Pop daherkommt, unterscheidet sich von dem popüblichen Strophe-Refrain-Bridge-Strophe-Refrain-Schema. Aurelién Marie (voc, git, keyb), Simon Nodet (dr, keyb) und Laura Rosello (bas, voc) verbreiten Leichtigkeit und Laune, ohne in Plattheiten abzugleiten. Zumindest hinsichtlich der Musik. Die Texte können da nicht immer mithalten, was erfahrungsgemäß immer dann passiert, wenn man nicht in seiner Muttersprache textet. Trotzdem ist das stimmig und trifft wohl den Nerv so mancher Twentysomethings, die auch Lätta kaufen.

Jedoch spürt ihr in meinen Worten trotz des Lobes einen feinen Hauch von Zweifel - nicht an den Talenten, der auch noch unverschämt gut aussehenden drei jungen Rhesusianer (ich spar mir den Witz mit den Äffchen). Sondern daran, dass manchmal alles einen Hauch zu aalglatt daherkommt, zu geschmiert. Und das ist schade.

rhesusVielleicht war es ausnahmsweise mal nicht so segensreich, Leute wie Howie Weinberg (Nirvana, Smashing Pumpkins usw.) für das Mastering, Denis Moulin oder Jo Francken (Zita Swoon, Dead Man Ray) zu engagieren. Vielleicht sind da einige der markanten Ecken und Kanten abgeschliffen worden, die dem Ganzen das berühmte Häubchen aufgesetzt hätten. Vielleicht ist alles etwas zu international geworden. Oder soll man doch den musikalischen Hut ziehen vor dem Mut, ein so artifizielles Werk vorzulegen? Ihr merkt, dass ich selbst hin und hergerissen bin - zwischen der schlichten Schönheit mancher Songs und dem Zu-früh-zu-glatt-Syndrom.

Letzten Endes hilft da nur eins: Macht euch mal wieder selbst ein Bild. Live eilt der Band ein ausgezeichneter Ruf voraus und - wer weiß - vielleicht kann man sich live eher mal an einer der Ecken und Kanten reiben, die im Studio abgeflext wurden.

Tourdaten in der Unruhrzone:
29.09. Dortmund, Bakuda Club
30.09. Münster, Gleis 22
03.10. Köln, Kulturkirche

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