The Infant Cycle - Dronæment: Split

The Infant Cycle/Dronæment: SplitCohort - seines Zeichen amerikanisches Label mit dem Gespür für experimentalmusikalische Zusammenführungen - verpackte seinen jüngsten Doppeldecker sinnig in violettem Geschenkpapier. (Vielleicht auch dünne Tapete. Letztere bringt uns aber im System der Allegorien und literarischen Verlustierungen nicht weiter.)

Dieses Mal teilt sich der kanadische Schrottsoundtüftler The Infant Cycle (Jim de Jong) mit dem deutschen Strandgutforscher Dronæment (Marcus Obst) den kleinen Plastikzirkel und gemeinsam schwingen sie sich in sehr imaginativen Höhen der psychedelischen Ambient- und Dronemusik.

Den Anfang bestreiten die monotonen und kränklich klingenden „cheap keyboard rhythms" de Jongs, welche sich wie ein aufgeschürfter Fad Gadget durch das paralysierte Tanzvolk schleppen. „Everything In Slow Motion" ist ein kaputter Klumpen Soundschlamm, der sich stoisch in den Lautsprechermembranen festsetzt. Und dort auch bleibt. Zwölf ganze Minuten lang. Abklatschen, fliegender Wechsel und „Field Muzick For Marcus (Bag Of Hiss Life)" springt als scharfzüngiges Munch-Wesen in den Ring und reibt einen nicht vorhandenen Gegner auf. Klirrende Faustschläge flirren durch die kobalthaltige Luft, dem Publikum stockt der Atem und doch verausgabt sich das Monster schneller als es ihm Recht ist. Erneuter Szenenwechsel: Outdoor: „Organ Music For You" ist der wahre Diamant der ersten 30 Minuten. Ein viertelstündiger Ausritt in die dämmrigen Wüstungen - mit Weitblick. David Lynch fährt auf einem Rasenmäher winkend in die schon längst untergegangene Sonne und wirbelt Staub in Zeitlupe auf. Durch den ockerfarbenen Schleier zart gepeitschter Erde schimmert lieblich ein herrlich selbstgenügsames Gitarrenthema das gar keines ist. An diesem Punkt kommt der Hörer das erste Mal zur Ruhe und kann sich genüsslich beim Nacktbaden im Wüstensand aalen.

Stück vier: 40 Sekunden weißes Rauschen. Ach, quatsch! Viel zu banal! In Wirklichkeit sind es Geräusche der Reinigung. Abwaschen, abtrocknen, Neubeginn. Dronæment erzählt seine Sicht der Dinge.

Und tut dies mit einem Verweis auf die eigene Werkreihe Fields, welche auf dem eigenen Label Field Muzick begann, bei Afe fortgeführt wurde und demnächst in mehreren Teilen ihren Abschluss finden soll.

Zunächst frühres Erwachen im Tropenhaus - des nächstdörfischen Zoos? Wahre Wildnis scheint dies hier - aus irgendeinem Grund - nicht wirklich zu sein.

Die letzten 35 Minuten dieser Split kommen als gewaltiges und bukolisches (sechsgliedriges) Open-Air-Drone-Festmahl daher. Alles was Dronæment auf den vorherigen Fields-Veröffentlichungen auszeichnete ist in diesen Stücken/diesem Stück allgegenwärtig. Das zurückhaltende Spiel mit einlullenden Feldaufnahmen und hauchdünnen, warmen und irgendwie orangefarbenen Soundscapes geht auch hier zu Gunsten eines kontemplativen und fast gar meditativen Hörerlebnisses auf. Und erst nach dem wahren Genuss dieser letzten Hälfte weiß man den schroffen Charme der ersten um so mehr zu würdigen.

Geschenk an den Hörer!

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