Rainer Von Vielen – Kauz (Motor)

Rainer von Vielen zieht am SchrottWenn die Ambient-, Drone-, Emo- und Indie-Fraktion der Redaktion eine Platte scheiße findet, müsste sie eigentlich im totalen Mainstream schwimmen. Aber wir wissen schließlich mittlerweile: Indie ist schon seit langem der neue Mainstream, irgendwie gewollt - mal gewollt ideenlos, mal gewollt langweilig, mal gewollt anders, ein wenig verkrampft eben. Und damit so ziemlich das Gegenteil dieser Platte. Die explodiert vor Ideen, Esprit, Emotion und gesellschaftlicher Wut und bläst einen schlicht aus der vermeintlichen Mitte an den Rand des drogenfreien Rausches. Und kehrt doch auf sanften Wegen zurück ins Elysium.

„Ich bin ein kleines bisschen neu."
„Freiheit ist der Abstand zwischen Jäger und Gejagtem."
„Von nichts ´ne Ahung, aber voll dabei."
„Es herrscht wieder Wille in der Welt."

Rainer von Vielen prägt hier nicht nur einige der Slogans des Jahres 2008, sondern schafft es zudem, Protest und Systemkritik in markante Hits - jaaa Hits! - zu gießen. Nebenbei entdeckt er noch angemessene Formen auch künftig noch relevanten Sprechgesangs, sprich Hip-Hop jenseits von Rammel und Rumms. Das enervierend harte Cross-over-Riff trotzt der Nebennierenrinde dabei gelegentlich das letzte Tröpfchen Adrenalin ab, ist sich aber nicht zu schade, in musikalische Strukturen einzutauchen, die beim ersten Hören wie eine Skulptur in deinem mentalen Tonmuseum installiert werden - um sie nie wieder zu vergessen. Dazu gesellt sich eine Prise Pop, Volksmusik (!), Obertongesang, Didgeridoo und Gebetsmühle - irgendwo zwischen Liebeslied und Kampfpop. Mit einem feinen, in Wellen abfallenden Spannungsbogen. Alles in allem: Relevante Platte.

www.rainervonvielen.de
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