V. A. - Manioc & Guaraná (2008 Culture Taxi Records)

Bitte einmal zum orthopädischen SchusterMário Lúcio hat uns uns verraten, Weltmusik sei die Musik, von der man meint, sie existiert nicht. Dass mit Culture Taxi Records im letzten Jahr ein Label von drei Musikenthusiaten gegründet wurde, um genau dieses vermeintlich nicht existente Produkt zu verkaufen, kann nur einen Grund haben. Entweder sind die drei anderer Meinung als Lúcio oder sie wollen uns vereiern.

Doch augenblicklich halten wir etwas sehr Reales in den Händen. Nämlich die erste Veröffentlichung von Culture Taxi Records, betitelt Manioc & Guaraná. Dahinter verbirgt sich ein Sampler, der einen Querschnitt afrokaribischer Latino-Musik bietet. Im Jargon der drei Taxifahrer heißt dies "bester Culture Pop".

Die CD beschwört ein wenig die Pioniertage der Weltmusik. Die Zeiten, als Paul Simon und Peter Gabriel Steigbügelhalter waren, und Jungs wie Youssou N'Dour und Johnny Clegg gen Westen, ins Reich der großen Plattenverkäufe ritten. Die Ähnlichkeiten sind frappierend, besonders bei Stücken wie Sorry von Zifa oder La chance von Galaxy. Selbst der auch vertretene Rapper Voombastic Uncle P. beschränkt die Parallelen nicht nur auf das Namensphonetische, sondern erinnert mit seinem Song Gramma an die Phase des Bogles auf Jamaika. Sogar der Pressetext, der im Allgemeinen das jeweilige Produkt als etwas noch nie Dagewesenes preist, nimmt eine Vokabel wie altmodisch in seine Verkaufsprosa auf.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Manioc & Guaraná ist eine gelungene und auch kaufenswerte Mischung afrikanischer und lateinamerikanischer Klänge bisher weniger bekannter Künstler, die traditionelle Pfade nicht verlässt, und deshalb nicht zu vergleichen ist mit der Weltmusik von beispielsweise Ba Cissoko oder gar Manu Chao. Manioc & Guaraná wird seine Käufer in der Gruppe rekrutieren, die seinerzeit das Aufkommen der Weltmusik in Europa begleiteten und die heute bestimmt schon.... mindestens, ogottogott... alt sind. Und wieder mehr Zeit für Musik haben, da nun die Kinder aus dem Haus sind. Daher wird das Konzept der jungen Firma aufgehen, denn nicht alle der potenziellen Hörer leiden unter stressbedingtem Tinnitus und jobbegleitenden Depressionen. Culture Taxi Records sozusagen als Ergänzung zu Essen auf Rädern. Das ist zu wünschen, denn man kann von den Machern des Taxibetriebs erwarten, dass sie besonders das afrikanische Element in der Weltmusik zukünftig beleben werden.

Verführerische DunkleAm 02.05.08 erscheint die Nr. 2 von Culture Taxi Records. Wiederum ein Sampler: I am somebody. Eine Zusammenstellung aus Anlass des 5. panafrikanischen Filmfestivals, die ähnlichen Leitlinien folgt wie Manioc & Guaraná.

www.culturetaxi.com