Bauhaus - Go Away White (2008 Cooking Vinyl)

Go Away WhiteIn nur 4 Jahren haben Bauhaus den Post-Punk mit ihrem atmosphärischen schwarz-weiß Entwürfen maßgeblich geprägt und als unbeabsichtigtes Nebenprodukt noch ein neues Genre (Gothic) hervorgebracht. Die Musik aus messerscharfen flirrenden Gitarren, brutal präzisen Rhythmen und (Dub-)Bässen war wild und inspirierend. Und heute ein Vierteljahrhundert später? Was kann man von einem neuen Bauhaus-Album erwarten?

Antwort: „Go Away White“ zitiert all das, was Bauhaus einst auszeichnete: unkonventionelle Gitarrensounds, Feedbackorgien, Minimalismus, Popmomente, viel Bass und natürlich Peter Murphys Stimme. Aber es klingt wie kein Bauhaus-Album zuvor. Die Musik ist dunkel und kraftvoll, aber von den langen Schatten und dem Kellermuff der frühen 80er zeigt sich der Sound befreit. Licht bricht durch: „I come with darkness and go away white“. Dieses finale Statement der Band steht nicht nur für das aktuelle Album, sondern fasst auch die Bandhistorie in ein paar Worten zusammen.

Für die Aufnahmen von „Go Away White“ haben sich Bauhaus auf ihre explosive Kreativität verlassen. Das Album entstand in nur 18 Tagen und wurde live im Studio eingespielt - angeblich wurden die ersten Takes verwendet. Diese intuitive Herangehensweise führt dazu, dass der Sound direkt und rau und das Songwriting ohne unnötigen Schnickschnack ist, aber auch etwas unfertig skizzenhaft bleibt. 

Der Opener des Albums ist das zynische „Too much 21st Century“, ein angenehm unaufdringlicher Song mit einem leicht an „Boys“ erinnernden Gitarrenriff und vor allem einem großartigen Basslauf von David J. „Adrenaline“, wie auch „Endless Summer of the Damned“, ist bereits von der Summer-Tour 2006 bekannt. „Adrenaline“ ist ein dichter, ruppiger Post-Punk-Song, der zeigt wie kraftvoll Bauhaus immer noch sind. Während der Fuzz-Bass eine Brücke in die Vergangenheit schlägt, ist das schöne Ein-Fingerklavier ein neues Element, das die Band auf „Go Away White“ mehrfach einsetzt. Nach diesem guten Beginn folgen die zwei schwächsten Stücke des Albums: Während „International Bullet Proof Talent“ recht uninspiriert vor sich her plätschert und erst ganz zum Schluss etwas aufhorchen lässt, ist „Undone“ trotz guter Tones on Tail-Gitarren und funkigem Bass misslungen: Schuld daran ist eine schwülstige Keyboard-Melodie, die alle guten Ansätze zunichte macht und der Peter Murphy zu allem Überfluss mit nicht weniger Pathos folgt.

An dieser Stelle muss etwas Grundsätzliches zum Gesang von Peter Murphy auf „Go Away White“ angemerkt werden: Er macht auf diesem Album etwas zu viel „Stimmgymnastik“, soll heißen, er kommt mit seinen Melodien nicht mehr so auf den Punkt wie man es von den früheren Bauhaus-Platten kennt. Damit kein Missverständnis aufkommt: Seine Stimme ist großartig und hat mit den Jahren noch an Volumen gewonnen, aber sie läuft schnell Gefahr schwülstig zu klingen. Daher wäre etwas mehr Zackigkeit ratsam gewesen.

„Endless Summer of the Damned“ ist auch so ein Song, der zwischenzeitlich eine Richtung einschlägt, der es nicht leicht fällt zu folgen. Die trockenen Tribal Drums und die flirrenden Gitarren sind fantastisch, würde nur nicht im Refrain ein stumpfes Hardrock-Schlagzeug losknüppeln. Bei „Mirror Remains“ zeigen Bauhaus wie nach ihrem Verständnis ein Gitarrensolo klingen muss, nämlich wie ein fiependes Störgeräusch und mit „Black Stone Heart“ folgt der zentrale Song des Albums, dem auch der Albumtitel entliehen wurde. Der Song setzt das Leitmotiv „I come with darkness and go away white“ am eindrucksvollsten um. Umgibt „Black Stone Heart“ zu Beginn noch etwas Dunkles, wandelt sich die Stimmung, eine fröhlich gepfiffene Melodie setzt ein und schließlich endet der Song mit Handclaps, Klavier und Schellenkranz. Bei diesem schön schrägen Popsong sind Bauhaus wieder ganz nahe bei David Bowie. 

Mit „Saved“, „The Dog´s a Vapour“ und „Zikir“ zeigen Bauhaus ihre Fähigkeit atmosphärisch dunkle Songs zu kreieren. „Saved“ hat durch das in den Hintergrund gemischte Saxophon und den Fretless-Bass einen starken 80s Flair, gehört aber mit zu den besten Stücken des Albums. „The Dog´s a Vapour“ ist bereits 1998 entstanden, wurde aber nochmal für dieses Album neu abgemischt und klingt nun durch die gedoppelten Gesangspuren noch surrealer. Wenn bei diesem Stück die Songstrukturen in scheinbar endlosen Feedbackorgien aufgelöst werden, weiß man, dass es sich nur um einen Bauhaus-Song handeln kann. Mit dem mantraartigen „Zikir“, einem Song der deutlich Peter Murphys Handschrift trägt, endet das Album und damit das Kapitel Bauhaus.

„Go Away White“ ist eigenwillig und unangepasst, wie die Bauhaus-Alben zuvor und doch auch ganz anders. Es ist ein kraftvolles und starkes letztes Tondokument, nicht ohne Schwächen, aber auf jeden Fall ein Abgang in Würde.

 

Review Bauhaus live 2005

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