(Clan of) XYMOX - Metamorphosis 1992 - 2001 (Biographie Teil 4/5)

logo_coxNach dem endgültigen Zerfall der Originalbesetzung und dem Ende der Major-Träume machte Ronny Moorings fortan alleine unter dem Namen XYMOX weiter (in English).

Wieder in London begann er mit den Arbeiten für ein neues Album. Das Album "Metamorphosis" entstand unter Mitarbeit von Richard Wells (Mix, Engineer) und erschien 1992. Als Konsequenz aus den Erfahrungen der PolyGram-Jahre erfolgte die Veröffentlichung beim selbstgegründeten Label X-ULT. Der Titel „Metamorphosis“ stand symbolhaft für die Veränderung des Sounds: Aus der ehemaligen Wave Band war ein Rave-/Techno-Act geworden. Ronny benutzte immer mehr Loops, Techno-Sounds  und hektische Dance-Rhythmen, welche die Einflüsse von Bands wie The Shamen oder The Beloved erkennen ließen. Melancholie schimmerte fast einzig beim Song "Tightrope Walker" durch, der eine Verbindung aus Dance mit Cure-artigen Gitarren und einer verträumten Melodie versuchte. Ein weiterer Höhepunkt war die Single "Dream On". "Dream On" war ein simpler (fast etwas seichter) Rave-Pop-Song mit Wah-Wah-Gitarren, House-Piano und eindringlichen weiblichen Backing Vocals, der aber eine mitreißend jubilierende Leichtigkeit versprühte. Der neue "Positivismus" in XYMOX Musik wurde von der Presse durchaus begrüßt. [1] Allerdings war diese Metamorphose auch ein Teil des Problems: Galt doch XYMOX für viele als eine archetypische 4AD Band und so fand das Album insgesamt nur wenig Beachtung und vermutlich noch weniger Freunde.

ronny1Ein Jahr später sollte das nächste Album "Headclouds" erscheinen. Da es mit dem eigenen Label X-ULT und Lizenznehmern zu Problemen kam, wechselte Ronny zu Zok Records. Das Label war gerade erst gegründet worden und hatte außer Chapman-Stick-Spieler Jim Lampi keine weiteren Künstler unter Vertrag. Aber Label-Chef Zok dachte in allen Belangen groß. Er arrangierte sich mit den besten Studios und XYMOX begannen mit den Aufnahmen des Albums. Die erste Single "Reaching Out" aus dem Album "Headclouds" (1993) startete nach der Veröffentlichung sofort durch, verkauftet sich über 5000mal innerhalb weniger Wochen und kratzte an der UK Top 40 (2). Zok konnte den Erfolg förmlich riechen, baute ein 10köpfiges Team um Zok Records auf und logierte das Label im Gebäude der legendären Britannia Row Studios (Pink Floyd, Joy Division, The Verve) ein. Durch den Wechsel des Vertriebs von Caroline zu Polydor wollte er die Erfolgschancen der Single vergrößern. Polydor riet die Single vom Markt zurückzunehmen, um sie später noch einmal erfolgreicher zu veröffentlichen. [2] Der Plan scheiterte grandios, weil "Reaching Out" und "Headclouds" im Veröffentlichungsplan von Polydor unterging, da eigene Bands vorgezogen wurden.

Und so bleibt Headclouds das wohl am meisten unterschätzte Album von XYMOX. Anders als beim Vorgänger "Metamorphosis" wurden hier nicht alle Brücken in die Vergangenheit abgebrochen, sondern auf Headclouds geleiteten hypnotische Elektro-Beats durch eindringliche Soundscapes mit choralen Sounds, flirrenden Sequenzern und Ronny gewohnt traurigem Gesang. Atmosphärische tranceartige Instrumental-Songs wechselten sich mit Rave ("Reaching Out"), Wave-Pop und Ambient ("January") ab. Besonders die Wave-Dance Songs "A Single Day" (mit Percussions von Julian Beeston, ex-Nitzer Ebb), "Headclouds" oder das Cover, des durch Bowie bekannten Songs, "Wild is the Wind" zeigten Möglichkeiten einer musikalischen Weiterentwicklung ohne Verleugnung der Wurzeln, aber auch ohne billiger Restauration auf.

Die nächste Single "Spiritual High" (mit der B-Seite "Wild is the Wind") hätte eigentlich ein Erfolg werden müssen, wurde aber nicht so profitabel wie "Reaching Out" und schon bald rächte sich das großspurige Gebaren von Zok Records: Gläubiger forderten Geld zurück, Label Boss Zok tauchte unter.

xymoxheadclouds3Ronny und Mojca verließen London und zogen zurück in die Niederlande. XYMOX hatten versucht ihrem Sound eine neue Richtung zu geben, scheiterten aber nicht nur auf Grund der wechselhaften Qualität ihres neuen Materials, sondern vor allem, weil sie es nicht schafften ihre alten Fans dabei mitzunehmen und neue zu gewinnen - was jedoch durch die schlechte Arbeit des Labels / Management (Zok Records, keine Promoarbeit außerhalb UK, Schlager-Label Koch Musik als Vertrieb in Deutschland etc.) auch kaum möglich war. Zok veröffentlichte 1994 ohne Zustimmung der Band noch ein "Remix"-Album, das die Alben "Metamorphosis" und "Headclouds" zusammenfasste, entgegen dem Titel jedoch keine wirklichen Remixe enthielt. Interessanter war da schon die Wiederveröffentlichung der "Subsequent Pleasures" EP, ergänzt um die Demos, die XYMOX den 4AD Deal einbrachten, die Pseudonym im selben Jahr erstmalig auf CD herausbrachte.

1994 kehrte XYMOX für eine kleine Tour zum "Headclouds" Album durch die Niederlande auf die Bühnen zurück. Neben seiner neuen Freundin Mojca (Keys) konnte Ronny Frank Weyzig (Gitarre, Keys) und Wim Anvers (Drums) wieder überzeugen, als XYMOX aufzutreten. Es waren kleine, positiv ausgedrückt intime Konzerte mit meist nicht mehr als 100 Zuschauern. XYMOX präsentierten überwiegend Songs der letzten drei Alben („Phoenix“, „Metamorphosis“, „Headclouds“), die einzigen "alten" Songs waren "Obsession" und "Stranger", letzteres in einer bereits von der "Phoenix"-Tour bekannten sehr technoiden Version.


XYMOX - This World (is made for you and I), live@Batcave, Tilburg/NL, 07.10.1994, Headclouds Tour

Aufhorchen ließen zwei neue Songs, die während der Tour erstmals präsentiert wurden: "This World (is made for you and I)" und "The Same Dream". Die Songs klangen vielversprechend, weil man das Gefühl haben konnte, dass die richtige Mischung zwischen Dance-Sounds, Elektro und Wave, die Ronny schon auf "Headclouds" gesucht hatte, endlich gefunden war. Dance-Beats, Technosounds und eine XYMOX-typische wavige Atmosphäre verbanden sich bei "This World (is made for you and I)" und "The Same Dream" zu modernen Elektro-Pop-Songs. Leider kam es erst mal nicht zu einer Veröffentlichung dieser Songs auf einem neuen Album, stattdessen wurden sie als Instrumental für den Soundtrack des Dormark-Computer Game "Total Mayhem", den Ronny schrieb, verwendet.


XYMOX - Stranger, live@Batcave, Tilburg/NL, 07.10.1994, Headclouds Tour

Nach der Tour verschwanden XYMOX wieder für zwei Jahre von der Bildfläche. Ronny und Mojca nutzen die Zeit, um sich musikalisch zurückzubesinnen auf ihre Wurzeln, um dann 1997 spektakulär zurückzukommen. [3] Im Frühling 1997 sickerten erste Meldungen durch: Es wird ein Comeback von Clan of XYMOX (allerdings nicht in der Originalbesetzung) geben. Ronny unterschrieb einen Plattenvertrag bei Tess Records, die im Sound und in der Ästhetik dem frühen 4AD Label nach eiferten, und eine Single und ein Album wurden für den Herbst angekündigt. Die Wiederverwendung des "Clan of" stand für die Rückbesinnung auf den alten Wave- und 4AD-Sound und den Bruch mit den Pop-, Dance- und Technoexperimenten der letzten Jahre unter dem Namen XYMOX.

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Die Single "Out of the Rain", produziert von Dave Allen (The Cure, The Sisters of Mercy...) war für Clan of XYMOX fast schon ein rockiges Stück und klang wie eine Mischung aus klassischen Gothic-Rock (der Refrain erinnert ein wenig an "No Time To Cry" von The Sisters of Mercy) und Placebo. Das Album "Hidden Faces" wurde überwiegend von John A. Rivers (u.a. Dead can Dance), mit dem die Band schon bei der "Blind Hearts" Single zusammen gearbeitet hat und wurde ein schönes, nicht radikal nostalgisches, Wave-Album. Positiv war, das trotz musikalischer Rückbesinnung, der neue Sound noch Platz für Pop- und Dance-Einflüsse ("Your Vice", "The Child in Me") ließ und man an mancher Stelle die Stimmung und das Licht des Phoenix-Albums noch durchschimmern sehen konnte. Auf der anderen Seite wurden erstmals verstärkt Industrial-Einflüsse in die Musik aufgegriffen ("Hypocrite", "Going Round 97" oder "Not for the Money"), die Clan of XYMOX von einer ungewohnten Härte zeigten. Endlich wurde auf "Hidden Faces" der schon auf der "Headclouds"-Tour präsentierte Song "This World (is made for you and I)" unter dem verkürzten Titel "This World" veröffentlicht. Allerdings hat dem Song die Neuaufnahme nicht gut getan: War "This World" in der 94er-Version noch ein durch aus positives Lied, wurden nun nicht nur alle Dance-Elemente mit spröden Waverock-Gitarren über einen metronomartigen ungroovenden Beat ausgemerzt, sondern auch der Text in ein pessimistisches Weltbild  umgeschrieben. Der Song musste beispielhaft für alle XYMOX-Experimente büßen. Schade. Nach Veröffentlichung des Albums gingen XYMOX im Herbst 1997 auf eine umjubelte Tour und präsentierten als Clan of XYMOX eine Art Best-of Programm aus Songs aus ihren 4AD Alben und neuem Material.

promo97_1Das Schicksal von "This World" war aber systematisch für die weitere Entwicklung von Clan of XYMOX, die musikalische Restauration Schritt weiter voran. Das kommende Album "Creature" (Pandaimonium Records) von 1999 war der endgültige Bruch mit allen Einflüssen außerhalb der Szene. Es war das Album einer Dark Wave-/Goth-Band für die Gothic-Szene. Unter diesen Voraussetzungen kann man "Creatures" durchaus als Referenzalbum dieses Genre bezeichnen. Aber diese starke Szene-Fixierung machte sich im Sound auch der folgenden Alben der Band immer deutlicher bemerkbar. Durch ein fehlendes Korrektiv von außen wurde diese Entwicklung noch weiter verstärkt: Ronny schrieb alles Songs allein, produzierte ab „Notes From The Underground“ die Musik selber, Freundin Mojca machte die klischeehaften Cover zu den Alben am PC. Und so ging viel vom Zauber der alten Tage verloren. Das XYMOX einmal Maßstäbe in Sachen mollverliebter Melancholie gesetzt haben, lässt sich heute nur noch erahnen. Enttäuscht von der Mittelmäßigkeit (Artwork, Songwriting, Soundästhetik etc.) verlor ich das Interesse an der Band.

Dem geneigten Szenegänger sei aber durchaus angeraten in Clan of XYMOX Alben reinzuhören, für ein paar schöne Songs reicht noch und um als Highlight der montanen Gothic-Szene zu gelten sowieso. Die nächste Gelegenheit ist Ende Mai 2011, denn dann erscheint das neue Album "The Darkest Hour" (Trisol Records). 

part 1: Subsequent Pleasures (1983 - 1985)
part 2: Medusa (1986 - 1987)
part 3: Imagination (1988 - 1991)
part 5: Vaselyn, Hypercycle, Born for Bliss (Post-XYMOX)

References:
[1] Peter Parhidas: "Metamorphosis" - Melody Maker 14, 1992
[2] Ronny Moorings: The Xymox-Story - in: Gothic II, 2002, ISBN 3896023969
[3] Dennis Wollnik: Clan of Xymox - Orkus, 06/1997

Links:
unruhr-Interview Ronny Moorings 2004
unruhr-Interview Anka 2005
unruhr-Interview Pieter Nooten 2006
unruhr-Interview Pieter Nooten 2010
unruhr-Interview Bert Barten 2010
unruhr-Tongrube: XYMOX - Blind Hearts

www.clanofxymox.org
www.clanofxymox.com
www.pieternooten.com
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www.myspace.com/ankawolbert
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