(Clan of) XYMOX - Medusa 1986 - 1987 (Biographie Teil 2/5)

poster_difjuz_xymox200pxDie Aufnahmen zum zweiten Album "Medusa" gestalteten sich schwierig, weil XYMOX mit unfertigen Songs ins Studio gingen und jeder seine Ideen umsetzen wollte. Nach 10 Tagen im Studio war noch kein einziger Song fertig und auch 4AD-Chef Ivo Watts-Russell verlor langsam die Geduld, überzeugte ihn das bisher produzierte Material doch keineswegs. [1] (in English)

Nach diesem notwendigen Weckruf rauften XYMOX sich zusammen und brachten die Arbeiten mit Produzent John Fryer erfolgreich zu Ende. "Medusa" (BAD 613, 1986) wurde ein Album mit dunklen atmosphärischen Songs, die von gelegentlichem psychedelischem Elektro-Pop mit eindringlichen Crescendi durchbrochen wurden ("Louise", "Michelle", "Back Door"). Vor allem das traurige "Back Door" mit seinem grandiosen Gitarren-Solo am Ende lässt einem das Blut in den Adern gefrieren und ist einer der Höhepunkte dieses Meisterwerks. Die Eleganz und Perfektion des 4AD Labels hatte seine Spuren in der Musik von XYMOX hinterlassen, die dank ihrer elegischen Melancholie nun als kontinentales Bindeglied zwischen Cocteau Twins und Dead Can Dance galten. Aus "Medusa" wurde keine Maxi ausgekoppelt, nur in den Niederlanden wurde via Megadisc "Louise" als 7" veröffentlicht mit einem Single-Edit vom Titeltrack "Louise" auf Seite A und "Michelle" auf Seite B.

xymox1986_300pxAuf  „Clan of XYMOX“  und „Medusa“ schufen XYMOX auch deshalb so bemerkenswerte Musik, weil sie aus dem kreativen Zusammenspiel aller drei Bandmitglieder entstand. Anke beschrieb das Songwriting bei XYMOX im unruhr-Interview 2005 wie folgt: "The 'old' XYMOX was always a combination and working together of three individuals: Ronny, Pieter Nooten, and I. To me, XYMOX was never one of them by themselves, and I consistently believed in the strength of the artistic combination of us three. Sometimes things were kind of rough (and there certainly were good reasons for Pieter to leave a few times before he left for good, and before I did), but there was a magical energy between us which resulted in some great music." [2] Damit widerspricht Anke Ronny, der immer herausstellte, dass XYMOX nie eine Band im herkömmlichen Sinne war, sondern das XYMOX immer "sein Baby" war und er die musikalische Richtung vorgab [3] und die meisten Songs schrieb. [4] Ronny gefiel sich in der Rolle des Bandleaders und duldete außer vielleicht Anke keine anderen Personen neben sich im Rampenlicht [5]

Vor allem Pieters wahrer Anteil am Songwriting und Sound von XYMOX wurde von Ronny meist heruntergespielt. Pieter: "In the beginning we did it all together. It's true that most of the songs were distilled from my demos. "A Day" , " Stumble and Fall" , "After The Call" , "Equal Ways", but also "Louise", "7th Time", "Medusa" and "Back Door" are all my compositions. I also contributed keyboards to sample material and other songs. Ronny did most of the guitars and vocals, later he got fairly talented in writing. Anka was also very creative, especially with sequencers and samplers and later songwriting. She also got very demotivated at some point. Her talent got totally snowed under by Ronny's rampant ambitions." [6] Aber spätestens mit Pieters Ausstieg bei XYMOX und der Veröffentlichung seines grandiosen Soloalbums “Sleeps With The Fishes” wurde seine musikalischen Fähigkeiten offensichtlich.



Clan of XYMOX - Michelle (Belgium TV 1987 mit Szenen aus "A Day" - first video version)

Auf der folgenden Tour zum "Medusa" Album durch Europa spielten XYMOX erstmals wieder mit einem Live-Schlagzeuger (auf Synth Pads), der in Person von Wim Anvers gefunden wurde und der nun als ständiges fünftes Live-Mitglied zur Band gehörte. Frank: "This was a very exiting period.. It was like being on a roller coaster. Before I really knew what was happening we were touring in the USA… It was a very hectic time with many ups and downs but I still look back on those years with Clan of Xymox in the mid eighties as one of the highlights of my musical career". [7]

Die nächste Veröffentlichung von Clan of XYMOX erschien im Sommer 1987 auf der legendären 4AD Compilation "Lonely Is An Eyesore" (CAD 703), für die sie den Song "Muscoviet Mosquito" ein weiteres Mal (nach der 86er Version für das Abstact Magazine, Issue 6) neu aufnahmen, diesmal produziert durch John Fryer. Für "Lonely Is An Eyesore" bat Ivo Watts-Russell jede Band auf 4AD einen Song beizusteuern, Nigel Grierson produzierte dazu ein Video (Throwing Muses und XYMOX hatten andere Produzenten). Das Ergebnis war eine wunderschön verpackte Momentaufnahme des 4AD Katalogs zu dieser Zeit, mit einer Reihe von klassischen Tracks der beteiligten Bands (u.a. Dead Can Dance, Cocteau Twins, This Mortail Coil, Colourbox, Dif Juz...). "Muscoviet Mosquito" erschien bei Virgin in Frankreich auch als einseitige Promo-Single.

Wenig später verließ Pieter entnervt durch die Konflikte mit Ronny XYMOX. Er arbeitete alleine weiter an neuen Songs und schickte diese Tapes an Ivo Watts-Russell, der begeistert war und ihm zu einer Kooperation mit Gitarrist Michael Brook riet. [8] „Sleeps With The Fishes“ (4AD, 1987) war ein ruhiges Album mit fragilen Songs und traumhaften Klangwelten. Ein epochales Werk, welches Maßstäbe im Ambient setzte.

ankewolbert1987Der Ausstieg von Pieter, als wichtigem Songwriter, hinterließ bei XYMOX eine Lücke, die es zu schließen galt. Ronny suchte nach neuem Kreativ-Input, den er in Person von Bert Barten fand: "I was having dinner with a friend in a restaurant in Amsterdam and Ronnie and Anke were sitting at a table next to us. We heard each other talk about music. We turned to each other and started talking about composing etc. The next day we met in the studio. Ronny told me he had made two albums for 4AD records. We listened to them together and for me it was one of the best music I heard for a long time. It had a very international sound and it connected straight away to the gothic vibes I was in at that time. The trouble all starting bands have is that they make a lot of demos and as soon as the first album is out they can make a second album. But at the third album the demos run out and it becomes difficult to write new material, especially under time pressure from a record company. Ronny was searching for new material and after listening to each other’s material we decided to start working together on new songs from that time on". [9] 

Das erste Ergebnis dieser Zusammenarbeit mit Bert Barten wurde die "Blind Hearts" EP, die mit Produzent John A. Rivers (u.a. Dead can Dance, Love & Rockets) im Woodbine-Studio aufgenommen wurde und Ende 1987 bei 4AD (BAD 711) erschien. Mit dieser Veröffentlichung verwarf die Band das „Clan of“ in ihrem Bandnamen wieder und kehrte zu dem ursprünglichen „XYMOX“ zurück. Aber natürlich kann man diese Veränderung auch mit dem Richtungswechsel im Sound in Verbindung setzen: Kaum ein Jahr nachdem XYMOX mit der LP „Medusa“ ihre Blaupause für dunklen, ambienten Wave geschaffen hatten, kam diese 12“ so hemmungslos poppig daher, wie wohl selten eine Veröffentlichung auf 4AD geklungen hatte. Einen musikalische Weiterentwicklung, für die sich auch der neue Co-Songwriter Bert Barten verantwortlich sieht. "The ideas and melodies I brought to the table were more accessible, more commercial than the material XYMOX had written before. Ronny and I used to argue a lot about it. It gave XYMOX a push in another direction". [9] 

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Der bandtypische Mix aus elegischen Synthflächen, stark verfremdete Gitarren und Ronny Moorings emotionaler Gesang wurde in neuen poppigen und tanzbaren Strukturen präsentiert und so deutlich von der Wave-Schwere befreit. Der Melody Maker kürte „Blind Hearts“ zur Single der Woche, in den USA wurde sie zur Nummer 1 der Import-Charts und legte so den Grundstein für die Erfolge, die XYMOX dort noch feiern sollten.

Auch der Musikmanager Raymond Coffer (u.a. Love & Rockets) wurde auf die Holländer aufmerksam und nahm die Band unter Vertrag. Wenig später arrangierte er eine US-Tour nach deren Abschluss sich XYMOX einen Vertag bei einem Major-Label aussuchen konnten. Mit Blick auf den amerikanischen Markt unterschrieben sie bei Wing Records einem Unterlabel von PolyGram und verließen nach 3 Jahren und zwei eindrucksvollen Alben 4AD.




Clan of XYMOX live@Maassluis/NL (~1986/1987)

part 1: Subsequent Pleasures (1983 - 1985)
part 3: Imagination (1988 - 1991)
part 4: Metamorphosis (1992 - 2001)
part 5: Vaselyn, Hypercycle, Born for Bliss (Post-XYMOX)

Quellen:
[1] Ronny Moorings: The Xymox-Story - in: Gothic II, 2002, ISBN 3896023969
[2] Mic: Anka Wolbert "In a mad devotional style" - unruhr.de, 2005, retrieved: 27.02.2011
[3] Dennis Wollnik: Clan of Xymox - Orkus, 06/1997
[4] Christophe Labussière: Clan of Xymox - Prémonition, 2003,  http://www.premonition.org/premor.php3?lien=actu/actu.php3X1Xactuid=219003&ta=10, retrieved: 27.02.2011
[5] Maxymox: Pieter Nooten - DSide.it, 2008, http://www.thedside.it/interviste/int65.asp, retrieved: 27.02.2011
[6] Mic: Pieter Nooten "To be honest I never listened to pop music" - unruhr.de, 2010, retrieved: 27.02.2011
[7] Phil: Frank Weyzig (Born for Bliss, White Rose Transmission etc.) - gothicrock.ru, 2010, http://gothicrock.ru/din/e107_plugins/content/content.php?content.264, retrieved: 05.03.2011
[8] Jeff Keibel: "Moving Forward: A conversation with 4AD founder Ivo Watts-Russell" -  Facing The Wrong Way, 2009, http://www.fedge.net/ftww/interviews-ivo_03.html, retrieved: 27.02.2011
[9] Mic: Bert Barten (ex-XYMOX, NYX) "Twist of Shadows" - unruhr.de, 2010, retrieved: 27.02.2011

Links:
unruhr-Interview Ronny Moorings 2004
unruhr-Interview Anka 2005
unruhr-Interview Pieter Nooten 2006
unruhr-Interview Pieter Nooten 2010
unruhr-Interview Bert Barten 2010
unruhr-Tongrube: XYMOX - Blind Hearts

www.clanofxymox.org
www.clanofxymox.com
www.pieternooten.com
www.myspace.com/pieternooten
www.myspace.com/ankawolbert
www.myspace.com/bornforbliss
www.myspace.com/frankweyzig
www.myspace.com./stargazingproject
www.myspace.com/whiterosetransmission
http://turmoilmusic.com
www.myspace.com/thefloatingtree
www.bertbarten.nl
www.4ad.com
www.rocketgirl.co.uk