for your guitars only / konzert im gewölbekeller des "künstlerhaus" dortmund

Woermanntrotz der (in wirklichkeit natürlich nur vermeintlich) engen vorgabe "for your guitars only" konnte der abend den zuhörern 3 sehr unterschiedliche herangehensweisen an experimentelle musik mit gitarren bieten: als erste starter erhard hirt in kollaboration mit hainer wörmann, beide seit langem im entsprechenden feld unterwegs und mit eindrucksvoller diskografie ausgestattet. der bühnenaufbau der beiden: spartanisch. hirt, sitzend, mit einem kaum schuhkartongroßen minirack, die gitarre, passenderweise ein steinberger paddel, weite teile des konzerts nahezu achtlos neben sich liegend und nur bisweilen mit dem e-bow in bewegung setzend.

wörmann, "immerhin" mit einem "echten" gitarrenverstärker antretend und eine konventionelle e-gitarre (gibson sg) und konventionelle bodeneffekte vor sich, ebenfalls sitzend, neben sich eine art campingtisch. darauf warscheinlich ca. 50 instrumente, um die während des ganzen konzerts auf seinen knien liegende gitarre zu bearbeiten: plektren, e-bow, metallstücke und -stangen bzw. -ketten, holz, styropor, leere joghurtbecher, motorisch betriebene milchaufschäumer und weitere minimotoren.

das ganze hell ausgeleuchtet, keine zusätzlichen showelemente wie videos oder projektionen oder auch nur "stimmungsvolles licht". statt dessen (und so durchaus passend zur musik) fast wissenschaftlich / laborartige atmosphäre (wer schon mal im gewölbekeller des künstlerhauses war, wird sich diesen interessanten kontrast bestimmt vorstellen können).

Hirtdie musik sehr fragmentiert, hirt in erster linie geräuschflächen aufbauend, die scheinbar weitgehend aus dem rack generiert wurden, wörmann dagegen stets neue "teile" aus dem arsenal auf seinem tisch aussuchend, um, in zusammenarbeit mit seinen bodeneffekten, meist sehr kurz ausklingende, ebenfalls eher geräuschverwandte töne beizusteuern. die kraft der musik entstand damit weniger aus den harmonischen zusammenhängen von tönen / akkorden etc., sondern aus der dynamik und der fähigkeit der beiden, diese (trotz der freien improvisation!) mit nahezu traumwandlerischer sicherheit simultan zu steuern.

meine beiden höhepunkte des sets von erhart hirt und hainer wörmann: die e-bow / joghurtbecher-bombardements vom griffbrett von hainer wörmann und der gitarreneinsatz (diesmal mit "so in die hand nehmen und seiten anschlagen") von erhart hirt im letzten viertel des auftritts der beiden, wodurch, durch den an dieser stelle erstmaligen einsatz von akkorden und harmonien, der charakter der improvisation noch einmal auf eine andere stufe geliftet wurde.

insgesamt ein gelungener auftritt, mit einem konzentrierten publikum, von einigen wenigen abgesehen, die das gebotene wohl nicht verstanden hatten oder an diesem tag ohne zugang bleiben mussten......

an zweiter stelle n, und da ich das ja selbst bin, enthalte ich mich hier einer beschreibung / selbstbeweihräucherung weitgehend. nur so viel: sowohl vom equipment, wie vom bühnenaufbau und der ausleuchtung ein deutlicher kontrast zum vorhergehenden: sitzend zwischen zwei auf den protagonisten (nicht das publikum!) gerichteten gitarrenverstärkern, vor sich die bodeneffekte. der ganze keller abgedunkelt, beleuchtung einzig aus drei "werkstattneonröhren", die die verstärker und effekte herausstellen. ebenfalls keine videos, projektionen etc..

Nmit der musik wurde der kontrast zu dem set davor noch stärker: rhythmuslose flächen, aus einzeltönen bzw. akkorden, mit und ohne e-bow durch eine delaykette und die rückkopplung der verstärker erzeugt, im ersten teil des sets mit gewollt sachter dynamik aufgebaut. im zweiten teil ein break mit einem stück, das plötzlich leise einzeltöne herausstellte und dann der abschluss mit dem langen schlussstück, das durch harmonische wie lautstärkebezogene dynamik den höhepunkt bildete.

(an dieser stelle möchte ich nicht vergessen / gerne kurz auf die fundamentale richtigkeit einzelner aussagen in meiner ataxia / john frusciante kritik hier in diesem magazin hin(zu)weisen: alle drei sets des abends wurden von mir mit dem gleichen, stets am gleichen ort stehenden dat-rekorder mit drei identischen, neuen datbändern mitgeschnitten: kann mir mal einer erklären, warum alle aufnahmen super sind, nur die aufnahme meines sets durch digitale dropouts völlig hinüber???).

zum schluss dann troum, bestehend aus glit[s]ch und baraka[h], und wieder wandelte sich ambiente und musik: 

erstmalig wurde die musik durch eine projektion visuell begleitet; ein kameraauge inspizierte im close-up eine orangefarbene (haut?)-fläche und bot dem auge der zuhörer erstmals an diesem abend ein "warmes" ambiente. das equipment als eine mischung von rackbezogenen und seperaten gitarreneffekten, aufgebaut auf einem tisch vor den stehenden(!) musikern, die ihrer gitarren im laufe des konzerts durch finger, plektren und e-bow (offensichtlich ein unverzichtbares utensiel für den experimentierfreudigen gitarristen) bearbeiteten und, ebenfalls erstmals an diesem abend, das repetitive element von delays hörbar in den vordergrund stellten. neben der live-gitarrenarbeit der beiden protagonisten wurden, auch erstmalig an diesem abend, auch vorproduzierte tonquellen benutzt, die grundatmosphärics und zum teil sogar beats beinhalteten und den als ein durchgehendes stück dargebrachten set dynamisch vorstrukturierten (also ein bisschen weniger "for your guitars only" als bei den beiden sets vorher).

Troumleider zeigte sich die hausanlage mit den bassreichen drones von troum ein wenig überfordert; hinsichtlich des auftritts von troum, die (für mich) sehr stark durch ihren reichen und gefüllten, von mächtigen harmonieverschiebungen geprägten sound leben, eine echte einschränkung, wodurch die chance eingeschränkt wurde, denjenigen, welche troum noch nicht kannten, dieses klangbild näherzubringen. hier meine empfehlung in richtung der ausgedehnten diskografie von troum.

noch ein weiteres wort zum publikum: es war richtig gut gefüllt, sogar leute von weit außerhalb des ruhrgebiets hatten den weg gefunden, um sich den abend zu gönnen; veranstalter jens brand (künstlerhaus) und der inhaltliche kurator der veranstaltung, mal hoeschen (genesungswerk), zeigten sich daher auch sichtlich zufrieden mit einem abend, der auch in seiner inhaltlichen reihenfolge nur als vollauf gelungen bezeichnet werden kann (einschließlich after-show-meeting zwischen künstlern und publikum im sissikingkong). an dieser stelle auch mal mein dank an die beiden organisatoren. und an til (auf abwegen), der parallel zum konzert tonträger der künstler und verwandtes anbot. und an karsten fähnrich für die bilder

schöne grüsse
n

erhart hirt http://www.muenster.de/~hirt/Hirthome.html
hainer wörmann http://www.musikerinitiative-bremen.de/hainer_wormann.html
n http://www.genesungswerk.de/artists/artfram.htm
troum http://www.troum.com/
drone-records (label) http://www.dronerecords.de/
genesungswerk (label) http://www.genesungswerk.de/
künstlerhaus dortmund http://www.kuenstlerhaus-dortmund.de/
mexbühne (der veranstaltungsort im künstlerhaus) http://www.mexappeal.de/future/event.html
karsten fähnrich fotografie http://www.kartenfrankreich.org/
auf abwegen (magazin und label) http://www.aufabwegen.com/

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