Von der Rückseite des Mondes nach vorn - Bibi Tanga & The Selenites im Stadtgarten Köln, 28/05/10

bibi_tanga_bandAm Ende sitzt man draußen. Die Kölschstange in der Hand, scharrt man mit den Füßen ein wenig im Biergartenkies. Hammer, Amboss, Herz und Nieren ordnen sich wieder und das Hirn beginnt zu begreifen und denkt: Hölle, was für eine Show.

Es war Bibi Tangas erster Auftritt in Deutschland und vielleicht war man Zeuge historischen Musikgeschehens. Sein aktuelles Album "Dunya" gibt einen ersten Eindruck der mitreißenden Mischung aus Funk, Soul, Swing und Afrobeats. Tatsächlich beginnt Bibi wie auf dem aktuellen Langspieler mit "The moon" und "Red wine" während ein Großteil der 100 Besucher im Biergarten noch die letzten Reste aus den Gläsern schlürft. Ein pünktlicher Beginn verwirrt das Auditorium in unseren Zeiten, und einige davon werden deshalb zunächst nicht bemerken, dass die fünf Jungs dort oben keineswegs vorhaben, ihr drittes Album einfach nur vorzuspielen. Das wird nicht bloß eine Verkaufsveranstaltung für die neue CD, es soll ein bis zum letzten Chorgesang stimmiges, smart arrangiertes Konzertereignis werden.

"The moon" ist geprägt durch die Geige Arthur Simoninis und bekommt dadurch einen Spin in Richtung Rai. Die Eröffnung also als Nordafrika-Funk. Weiter geht's auf einer soliden Funkbasis, die sich besonders in Bibi Tangas Bassspiel manisfestiert. Alle Titel sind aufgearbeitet. Ausflüge in den Jazz, den P-Funk und natürlich nach Afrika. Nichts glatt geschliffen, den Leuten aber auch Tanzbodenkracher wie "It's the earth that moves" bietend, bei dem die Damen mit den 16-cm-Pinnen arschwackeln wie Batterieäffchen. Bei "Bê Africa" sind die Bläser, die auf dem Album essenziell wirken, einfach und genial durch die Geige ersetzt. Und das, obwohl Produzent und Soundtüftler Professeur Inlassable, der im Hintergrund Samples bereitstellt, zweifellos in der Lage wäre, diese Bläser aus seinen Maschinen abzurufen. Doch die Selenites bieten sauberen Sport.

Der Abend endet stilecht mit "Goodbye" ("...say goodbye with a smile...") und anschließenden Zugaben, so zum Beispiel eine unglaubliche Slow-Motion-Version plus Geige von Curtis Mayfields Evergreen "Move on up". Offensichtlich überrascht von der Begeisterung im Saal, gibt es zum guten Schluss noch einmal "Red wine" vom Anfang.

Gut möglich, dass euch das musikalische Erlebnis Bibi Tanga bisher verborgen blieb. Schließlich leben die Seleniten meist auf der Rückseite des Mondes, wie H. G. Wells sich das 1901 ausdachte ("Die ersten Menschen auf dem Mond"). Doch nun sind sie von der Rückseite direkt nach Köln gekommen und es wäre ein großer Fehler, sie zukünftig zu übersehen.

Einen kurzen, wenn auch unvollständigen Einblick in Bibis Liveauftritte verschafft das folgende Filmchen. Den Komplettüberblick erhaltet ihr am Sonntag 1. August. Dann nämlich sendet Funkhaus Europa den Kölner Gig im Rahmen der Sendung World live ab 22.00 Uhr auf 103,3.

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www.myspace.com/bibitanga
www.funkhaus-europa.de