Rock und Pop in lebensecht funktioniert selten über technische und kompositorische Perfektion, sondern ist meist verbunden mit der Bühnenpräsenz der Akteure, für die dann Begriffe wie Charisma oder Ausstrahlung herhalten müssen. Die kann zwar niemand genau definieren, aber am Ende möchte man schon ein wenig Party für sein Geld haben. Wichtig ist halt auffem Platz. Das gilt für Fußballteams genauso wie für Skabands.
Deshalb pilgerten am Samstag die Menschen ins Grend in Essen-Steele, denn schließlich hatten sich dort die Jungens von Alpha Boy School angesagt, diese nahezu legendäre Skaband aus dem Ruhrgebiet, die auch schon mal in der Bochumer Kultpommesbude Rösti das Fett allein durch ihre Musik zum Sieden brachten. Die Insider wussten zwar zu berichten, dass Frontmann Karsten Riedel bei der Band ausgestiegen war. Doch was sollte das schon ausmachen, schließlich war Riedel nur einer von vielen Alpha Boys?
Was es wahrhaftig ausmacht, ohne agilen Frontmann anzutreten, hatte der Großteil der Besucher im Grend nach 90 faden Minuten explizit vor Augen: Manchmal spielt es wirklich die entscheidende Rolle. Sänger und Gitarrist Joe Scholes, der Riedel ersetzt, war vielleicht krank, war gar nicht Joe Scholes oder hat tatsächlich das Charisma eines pensionierten Pfadfinders. Seine Kommunikation mit dem Publikum spartanisch zu nennen, wäre grob übertrieben, beschränkte sich doch im Wesentlichen auf Guten Tag und Auf Wiedersehen.
Selbst alte Kracher der Band brachte der Sänger zum Sterben. Glücklicherweise zwangen Songs wie "Boys don’t cry" das Publikum zum Tanzen, obwohl der Frontmann das unglaubliche Talent besaß, es tot zu singen.
Die Zuschauer schienen weitestgehend ratlos, worin die offensichtliche Erlahmung der Alpha Boys ihre Ursache hat. Doch wenn sie so weitermachen wie im Grend, wird Alpha Boy School die erste Skaband der Welt sein, die ihre Konzerte bestuhlen kann.