Der letzte Fußball-Bergmann

Mein VfLWährend in Cottbus, Bielefeld, Karlsruhe und Mönchengladbach in der Winterpause mächtig aufgerüstet wurde, um die hässliche Abstiegsfratze zu bannen, entschließt sich der VfL Bochum dazu, seinen langjährigen Spieler und Mannschaftskapitän Thomas Zdebel wegen mangelnder Loyalität zu chassen. Man möchte der VfL-Führung Konsequenz und Weitsicht attestieren, nistete sich nicht der hartnäckige Gedanke ein, die Maßnahme könne doch nur der Versuch sein, amateurhaftes Verhalten auf dem Transfermarkt zu kaschieren.

Aus der Sicht des Früher-war-alles-besser-Fans ist das Vorgehen der Bochumer einem inneren Weihnachtsfest gleichzusetzen. Es ist eine Abwendung vom stereotypen Schema der Trainerentlassung, die in der Regel so erfolgreich ist wie der Versuch, Bier im Toaster zu kühlen. Im Gegensatz dazu wird die Quasi-Entlassung Zdebels bei vielen VfL-Anhängern einen Zustand unter den Achselhöhlen hervorrufen, dem kein handelsüblicher Deostift Paroli bieten kann.

Denn war Marcel Koller in seiner Bochumer Zeit bisher immer in der Lage, durch kleine, aber feine taktisch-personelle Korrekturen in der Winterpause eine deutliche Steigerung seiner Truppe zur jeweiligen Vorrunde hervor zu rufen, scheint er sich das in diesem Jahr nicht zuzutrauen und setzt dagegen auf drastische Aktionen außerhalb des Spielfeldes. Das kann blauweiße Fußballfans nicht hoffnungsfroh stimmen.

Unterstellt man den sportlich Verantwortlichen beim VfL tatsächlich, seriöse Hintergedanken für das XL-Abmeiern eines Spielers zu haben, ist trotzdem fragwürdig, ob es mit Thomas Zdebel den Richtigen trifft. In seinen fast sechs Bochumer Jahren des Stänkerers absolut unverdächtig, ist der Mann vielleicht nur Sprachrohr ganzer Mannschaftsteile. Außerdem repräsentiert der Deutschpole einen Spielertypen, der in unserem Landstrich immer noch gerne gesehen ist. Der Archetyp des uneitlen Malochers, immer im Sinn des Kollektivs. Hat er die Ostkurve durch seinen offensichtlichen Vorsatz, aus keinem Spiel ohne gelbe Karte zu gehen, auch häufig zu Verzweiflungstränen getrieben, ist er doch für viele der sozusagen letzte Bergmann des Ruhrgebietsfußballs. Diesen zu opfern für den Verbleib eines Schweizer Stoikers, der ohnehin bei mindestens 50 % des Bochumer Anhangs nicht gut gelitten ist, erzeugt einen derben Erfolgszwang.

Damit ist dem Publikum an der Castroper Straße eine Steilvorlage gegeben, ab jetzt auf Unmutskundgebungen zu Marcel Koller zu verzichten und stattdessen gleichbedeutend Transparente und Plakate in die Höhe zu recken, auf denen steht: Thomas, wir danken dir!

Dieser hellseherische Vorschlag wurde am 01. Februar von den Bochumer Fans in die Tat umgesetzt.