Franz Ferdinand - Franz Ferdinand (Domino)

FFNach den ersten Meldungen von der Insel ("Ey, da gibt es eine neue Band, die heißt Franz Ferdinand. Ist das cool?"), einem Megahype-Artikel im Spiegel und dem darauf folgenden Mediensperrfeuer, kann eine Band mit ihrer Debüt-CD eigentlich nur verlieren. Entweder die Erwartungen sind so hoch, dass man eine messianische Klangerlösung, mindestens aber eine reinigende Katharsis erwartet. Oder man ist so genervt, dass man eigentlich schon aus Prinzip nicht mehr hinhören möchte.

Hinzu kam noch ein gehirnverwüstendes Name-Dropping. Ich schwöre, dass es kaum eine Band gibt, die nicht im Zusammenhang mit Franz Ferdinand genannt wurde. In loser Reihenfolge: Chic, David Bowie, Roxy Music, Interpol, Gang of Four, Talking Heads, Sonic Youth, Pulp, Clash, Strokes, B-52's, Prince usw. usw. Das schlug mir dermaßen auf die Hormone, dass ich beim letzten Artikel aus unclesally's eingeschlafen bin, wohl weil ich zu Recht ahnte, diesen Onkelkram irgendwie schon mal woanders gelesen zu haben.

Trotzdem fühlte ich mich berufen, gegenüber meinen Redaktionskollegen zu behaupten, dass ich auch Led Zeppelin raushören würde. Das klang schlauscheißerisch interessant, kann bei Inseltünseln niemals falsch sein, und fügte dem Gequirle noch eine mittelalterlich-historische Note hinzu. Allerdings hatte ich keine Ahnung, ob es auch nur ansatzweise stimmte. Immerhin erntete ich ein wichtiges Nicken und den Satz: "Da hört wohl jeder, was er hören will", was gleichbedeutend war mit: "Der tickt ja wohl nicht mehr ganz sauber."

Dann näherte sich endlich der große Augenblick: Die CD lief. Ok, ganz cool und unbefangen zuhören. Und es kam zunächst, was kommen musste: Ich war enttäuscht. Das war alles? Ein reichhaltiger Zitatenschatz der Rock- und Pop-Geschichte, kunstvoll arrangiert und drapiert mit einigen Accessoires, die sich eigentlich nur Kunststudenten ausdenken können, die teilweise Deutsch sprechen. Nein, nein, das konnte nicht alles sein. Ich drückte noch mal auf Start und löschte das ganze Mediengeschwurbel aus meinen Ganglien.

Schon besser, die ersten triebigen Gitarrensounds von "Jacqueline" beschleunigen den Puls, ein paar gute und Adrenalin fördernde Läufe - der Fuß beginnt mitzuwippen. Hmmm, "Tell her tonight" hat eigentlich eine hinreißende Melodie, die un peu nach Seventies-Retro riecht. Bei "Take me out" hypnotisierte ich mich selbst und hörte tatsächlich Led Zep raus. Und spätestens bei "The dark side of the matinee" vergötterte ich diese Glasgower Jungs. Bei "Cheating on you" schüttete mein Körper schließlich einen Schwall Glückshormone aus, die mich dazu veranlassten vor dem Player herumzukreiseln. Das waren nicht nur verzückende Rock- und Pop-Songs mit anständigen Texten, sondern auch noch tanzbare Grooves mit Meniskusverschleiß-Garantie.

Der meistgehörte Satz zu Franz Ferdinand ist: "So richtig neu ist das ja alles nicht." Mag sein, aber es ist so richtig gut, mindestens gut zitiert, Versatzstücke gut verwoben, melodisch veredelt und auf eine höhere Ebene gefahrstuhlt. Vielleicht ist es nach einer Konserve zu früh, FF in den Olymp zu heben, vielleicht kommt auch nicht mehr viel nach, vielleicht aber steht uns das ganz große Ding dieser Combo noch bevor. Ich ahne da etwas.

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