Anthony Joseph - People of the sun

a joseph people coverGeschichten, Geschichte und Tanzmusik.

Ja, das geht zusammen bei Anthony Joseph. Der Brite aus Trinidad ist eigentlich bekannt geworden mit Gedichten und Romanen. Und er wird dieser Profession und Leidenschaft auf dem neuen Album "People of the sun" nicht untreu.

"People of the sun" ist so etwas wie ein Hörbuch geworden. Man gewinnt den Eindruck, diese Songs sind vertonte short stories. Man höre nur die großartigen siebeneinhalb Minuten von "Dig out your eye" oder das neunminütige "He was trying" oder acht Minuten "Milligan.The ocean" oder oder oder.

Das Album ist aber keinesfalls nur auf seine Inhalte zu reduzieren, weil Joseph seine Texte von einer zündenden, absolut seriösen Mischung begleiten lässt, die sozusagen aus Jazz und Karneval besteht. "People of the sun" ist in einem kleinen Örtchen im Norden Trinidads aufgenommen - ohne Dateien hin und her zu schicken - und hat den Geist der Insel in tiefen Zügen inhaliert. Funk und Jazz verbinden sich mit Steel Pans und charakteristischen Bassläufen. Soca und Calypso hebt das auf eine andere Ebene und lässt zusammen mit Josephs Texten die orale Tradition der Karibik aufblitzen.

Beim ersten Hören fühlt man sich an der ein oder anderen Stelle vielleicht an Eddy Grant erinnert, dann aber scheint es sich bei "People of the sun" auch um ein karibisch-afrikanisches Projekt zu handeln mit schönen Grüßen an Fela Kuti. Und der Sound von Andrew John am Bass und David Bitan am Schlagzeug ist einfach unwiderstehlich. Dazu gesellt sich das unglaubliche Saxofon von Produzent und Arrangeur Jason Yarde und das Akzente setzende Ibis String Ensemble.

Sollten wir an dieser Stelle bereits vorschnell ein Werk zum Album des Jahres 2018 gekürt haben, lassen wir das natürlich gelten und schießen uns nicht selbst ins Knie. Dann gibt es mit "People of the sun" ab jetzt halt ein weiteres Album des Jahres.

Erscheinung: 2018 05.10.)
Label: Heavenly Sweetness
www.anthonyjoseph.co.uk