patrick dorobisz „sneeuw"

PatrickDorobisz SneeuwKleindie versuchung, andere strukturen zu finden ist vielleicht die größte herausforderung für einen komponisten, wenn er/sie denn erst einmal beschlossen hat, sich nicht den tradierten und ausreichend bekannten strukturen zu verschreiben. und selbst, wenn am ende der suche auch wieder strukturen stehen (und tun sie das nicht immer? selbst wenn sie nicht als solche benannt werden?), so wurde doch das repertoire an ordnungssystemen und die daraus entstehenden inspirationsmöglichkeiten erweitert.


und vielleicht ist es, mit vergleichendem blick auf das, was zu der zeit in anderen kunstbereichen entstand, alles andere als überraschend, dass irgendwann in den 1960ern komponisten auf die idee kamen (oder, rückblickend auch möglich zu sagen, schon länger im raum stehende ideen aufgriffen um) wege aus der „falle" von kompositorischer harmonieführung und smphonischer metadynamik zu suchen. quasi strukturballast abzuwerfen und sich statt dessen auf wenige töne und repetition zu konzentrieren (und eben nicht „zu beschränken"). diese von terry riley, steve reich und kollegen pionierte neue musikrichtung / genrestruktur konnte sich nicht nur mit ihrer trackartigen wiederholung, sondern auch mit ihrer instrumentierung , die sich sowohl elektrisch / elektronischer als auch akustischer instrumente bediente schnell einen eigenen platz (irgendwo zwischen den stühlen) sichern. und, vergleichbar mit später entwickelten genres, die ebenfalls auf maximale wiederholung mit minimaler änderung bei langer laufzeit setzen ([minimal-] techno, drone...), überrascht die minimal music die nicht eingeweihten immer wieder aufs neue mit ihrer unerwarteten vielgestaltigkeit in der (scheinbar) so rigiden beschränkung. selbst dann, wenn einzelne motive wie die typischen schnellen tonwechsel in endlosrotation als wiederkehrendes element auch über verschiedene komponisten hinweg immer wieder auftauchen.

patrick dorobis arbeiten selbst gehen bis auf das jahr 1973 zurück, als er im rahmen seines studiums erste versuche unternahm, um im weiteren über stationen als gitarrist und ausgebildeter architekt in die arbeit mit tonbandcollagen einzutauschen, die dann, mit der verfügbarkeit von computern, in die digitale de- und rekonstruktion als teil des kompositorischen prozess mündeten und die ihre verwandtschaft zu minimal music nicht nur zeitlich, sondern insbesondere strukturell offenbaren (deutlich mehr und detaillierter zu seiner historie von ihm selbst auf seiner homepage...).
die nun vorliegende doppel-cd „sneeuw" sieht patrick dorobis selbst als eine art abriss seines bisherigen kompositorischen spektrums, sie kompiliert auf zwei cds 13 stücke, komponiert zwischen 1984 und 2010, 10 davon von anderen musikern bzw. ensembles eingespielt, 3 von patrick dorobis selbst. die klangästhetik ist auf den ersten blick fast durchgängig akustisch geprägt, der eigentlich immense anteil der computerbearbeitung fügt sich wie selbstverständlich ein, mal als hilfsmittel der spieltechnik, indem akustisch eingespielte töne und motive über die bearbeitung bis in die bereiche der nichtspielbarkeit collagiert werden, mal als zusätzliche klangfarbe mit unterstützenden bis gleichberechtigten auftreten: reibt töne gegeneinander, baut mikrostrukturen, die sich unmerklich verändern, lässt instrumentale wechsel zu, die vergessen lassen, wie das einzelne stück begann bis hin zu einer tonbearbeitung, die die möglichkeiten des akustischen ausgangsinstruments in richtung tonhöhe, glitch etc. erweitert. in seiner vielfalt innerhalb der fokussierung auf das eigene genre eine wirklich eindrucksvolle und weitaus unakademischer klingende veröffentlichung als es diese besprechung möglicherweise erscheinen lässt.

schöne grüße

N

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