Monty Alexander - Concrete jungle: The music of Bob Marley (2006 Telarc)

Irgendwann im Laufe der 61 Minuten Spielzeit beschleicht mich eine schreckliche Angst. Langsam sinkt sie aus dem verlängerten Mark in den Bauchraum hinab und legt sich dort fett und schwer nieder. Es ist die mörderische Furcht, dass es demnächst Klassikversionen von Bob Marley Songs geben könnte.

Monty Alexander ist Jamaikaner. Zu Beginn der 1960er Jahre jedoch verließ er das vordergündig paradiesische Eiland Richtung USA, um als Klavierspieler in Brot und Lohn zu kommen. Das war just die Zeit, als sich in Jamaika eine Kunstform zu entwickeln begann, die nur wenige Jahre später als Reggae-Sau durch die Dörfer der Hobbyrevolutionäre getrieben wurde. Alexander ist inzwischen bekannter Jazzer, kehrt von Zeit zu Zeit in seine Heimat zurück und mietet sich bedeutungschwanger in Bob Marleys ehemaligen Tuff Gong Recording Studio auf der Foreshore Road in Kingston ein, in dem er rein zufällig Ender der 50er - als es noch Federal hieß - seine ersten musikalischen Gehversuche unternahm. Untertitelt mit The Tuff Gong Sessions legt er zum zweiten Mal ein Album mit Jazzversionen von Marley-Klassikern vor.

Niemand wird behaupten, dass Marleys Songs kompositorische Kleinode sind oder gar traumhafte Arrangements besitzen. Die Lieder leben von der kultivierten Rohheit, die in dieser Qualität nur Bob Marley zu kreieren verstand. Diese gewinnversprechende Symbiose ungehobelter jamaikanischer Rhythmen, melodischer Rockelemente und engagierten Lyrics in wutschrägem Gesang. Bei Monty Alexanders Versionen liegt genau dort der Hase im Pfeffer bzw. der Wimpelschwanz im Zuckerrohr, um im karibischen Kontext zu bleiben. Es handelt sich überwiegend um Instrumentralversionen, in denen Klavier oder auch mal die Bläser die Melodie übernehmen. Es gibt ferner keinen adäquaten Ersatz für Al Andersons Bluesrockgitarre, für Wya Lindos jammernde Orgel. Stärken zeigen die Versionen lediglich, wenn Fußwippanimationen durch die reggaetypischen Synkopen ins Spiel kommen oder sich der schöne Kontrabass von Hassan Shakur in den Vordergrund drängt. Ansonsten klingen Monty Alexanders Versuche wie alkoholfreies Bier.

Am Ende stelle ich mir wieder einmal die Frage, welches Publikum man mit solch sicher gut gemeinten Spielchen anzusprechen gedenkt. Jazzern dürften die Tuff Gong Sessions zu profan sein, Reggae-Nerds werden in vielen Fällen die Dreads zu Berge stehen. So bete ich zum großen Jah Rastafari, dass kein Musikmanager meint, Hörer für ein Klassik-Reggae-Segment am Verkaufshorizont ausmachen zu können. Oh Lord, gimme a session, not another version.

www.montyalexander.com
www.bobmarley.com

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