Jazz!? Ja! Aber kein Ledersessel-Cognacschwenker-Jazz.
An Buchstaben haben die Belgier bei ihrem Bandnamen ordentlich gespart. Hinsichtlich der Musik gehen sie jedoch eher verschwenderisch mit Einflüssen um. So kommt es, dass auch das zweite Album „Polemicals" von Brzzvll keinesfalls buchstabengetreuer Jazz ist.
Schon der Opener „Jericho" ist mehr ein Orient-Kracher mit schwerem Reggae-Dub-Bass, der sich anschickt, die berühmten Mauern auch ohne Posaunen einzureißen. Allerdings wird bei „Polemicals" nicht auf entsprechendes Gebläse verzichtet. Immer wieder gibt es schöne Bläserparts, die sich wunderbar mit ausgedehnten Keyboardpassagen ergänzen. Wie beispielsweise bei „Ageing pains" mit einem treibenden Schlagzeug, das man in dieser Art sonst nur im Soca oder anderen karibischen Musiken findet.
"The gathering of the manna" scheut sich nicht, Sounds zu integrieren, die an einen Schulflötenchor erinnern. Das beschauliche, aber eindringliche „Reino dos céus" wartet mit einer Saxophon getragenen Hookline auf, die Soundtrackqualitäten besitzt. Der Titeltrack wiederum hat was Soulfunkiges an sich und das Bonusstück „Gagball" könnte auch vom Jazz-Ausflug des Princen stammen („Rainbow children" 2001).
Echte Vielfalt also, die den Jazz als Grundgerüst nutzt, um darauf aufzubauen. Brzzvll verwaltet dieses Erbe sorgsam, ohne in die Retrofalle zu tappen, und ergänzt Altes mit neuen Sounds und Techniken. Das ist zeitgemäßer Jazz, der Aufmerksamkeit verdient!
Hier das Video zum Track "Kevin".
Erscheinung: 2013 (22.02.)
Label: Melting Pot Records
www.brzzvll.com