frei improvisierte musik, nah am (vielleicht auch schon tief im) free-jazz. näher als alles andere, an dem stephen o' malley bisher beteiligt war / ist.
steve noble und stephen o' malley. schlagzeug und gitarre. live aufgenommen an zwei nächten im londoner cafe oto. die doppel-lp (seite a+b das konzert vom 18. august 20110, seite c+d das vom 19. august) fällt mit einem brutalen ausbruch wie mit der tür ins haus, besetzt dann stimmungen wie die einstürzenden neubauten in ihrer atonalen phase (allerdings hörbar musikalisch intendiert und nicht auf kreativem dilettantismus basierend), verdichtet sich zu intensiven kämpfen zwischen beiden beteiligten, die immer wieder zweifeln lassen, dass hier nur zwei leute am werk sind; schlagzeug und gitarre klingen wie mindestens doppelt besetzt (in bezug auf die gitarre durch looper und hold-pedale erklärbar, möglicherweise, in bezug auf das schlagzeug nur durch ein spiel schneller als der schall). in den ruhigeren phasen zerfasernd, bröckelnd, aber immer auf der richtigen seite der schmalen klippe zwischen spannung und zerfall. wie das caspar brötzmann massaker, aber ohne den zwingend folgenden ausbruch, ohne das schwere, hypnotisch walzende; die ausbrüche des st. francis duos dafür mit atonaler noise attitüde mit perfektem, mitten ins gesicht springenden sound und unglaublich kraftvollem, ideenreichen spiel.
steve noble gehört seit „en form for blå“ zu aethenor, einem weiteren projekt von stephen o' malley und ebenfalls einem, das improvisiertes spiel als zentralen pfeiler besitzt. das st. francis duo ist damit auch so etwas wie der kern von der derzeitigen inkarnation von aethenor (oder ein auszug davon, falls kern als eine zu zentrale bezeichnung empfunden wird). und es ist wesentlich böser, direkter und brutaler als diese gruppe; nicht nur in stephen o' malleys spiel, auch im drumming von steve noble bzw. dessen variation zwischen fragil virtuosem spiel und frontalem schub. und die fähigkeit beider, auch lange pausen und starke reduktion im spiel zuzulassen und dabei nicht die spannung zu verlieren, lässt dieses doppel-live-konzert auf der gesamten länge auch genau so bleiben...
schöne grüße
N