NMFarner – Das Gesicht (Labels/EMI)

NM Farner - Das Gesicht„Fett" schrieb der Kollege N bereits vor zwei Jahren zum ersten Album von NMFarner und war ebenso beeindruckt von der Wucht dieser Band wie ich. Jetzt legen Christian "Chrigel" Farner (Schlagzeug,Gesang), Masha Qrella (Gitarre, Jupiter,Gesang) und Norman Nitzsche (Bassgitarre, Gesang) nach und zeigen uns „Das Gesicht".
"Wir sind hier!" Schon das erste Musikantlitz „basst" dich an die Wand und quetscht das letzte Quäntchen Adrenalin aus deiner Nebennierenrinde. Ein unzweideutiges Postulat vermischt mit Stimmengewirr und Wortfetzen der Selbstdefinition.

Dann folgt „Familie" - ein plänkerndes Gitarrenstück, das wie ein klappernder Laster durch die Ohren poltert. Gedrechselte Floskeln durchmischen sich mit verwirrenden Statements und Gesprächversatzstücken. Texte im MashUp-Stil. „10. Stock" verführt dann mit einem schlichten, aber effizienten Rock'n'Roll-Basslauf dazu, aus dem Fenster zu springen.

Diese Songtriade zu Beginn ist der perfekte Einstieg. Danach bist du drin im Album und schaust in das Gesicht. Darin sieht du einige Reminiszenzen an den 80er-Punk oder auch - wenn Christian Farner singt - Mark E. Smith von The Fall vor deinen Ohren herumnuscheln.

Trotzdem ist dieses Album mehr, ein eigenes Werk jenseits der zurzeit weit verbreiteten „Ja-nicht-schlecht-Platten". Mit seiner Atmosphäre, die durch Phrasendrescherei bis hin zur freien Improvisation, mit Desorientierung und mit subversivem Humor dir den Spiegel vorhält. „Du sagst, du willst es haben, dabei hast du ein Problem mit dem Machen. So geht es schon seit Jahren. Das halbe Dorf hält sich den Bauch vor Lachen."

In „Melodie D`Amour" mischen sich eisern treibende Gitarren und Bass mit einem hintergründig vorgetragenen Text, der an Lakonie nicht zu übertreffen ist und dabei doch einen Menschen mit wenigen Strichen charakterisiert: „Und ich würde dann doch eventuell soweit gehen, mich völlig zu vergessen...und dann hau ich auf dir rum... also schön, ich zieh die Jacke jetzt aus."

Dazu immer wieder jener Zerrbass, der sich an die Spitze pöbelt, das Stimmengewirr zerschneidet, strukturiert und sich im Kampf mit der changierenden Gitarre auf gleicher Augenhöhe behauptet.

Musik, die man haben muss - wie schon das Erstwerk von NMFarner. Vielleicht die beste deutsche Band zurzeit, jenseits des grassierenden Mariusmüllerismus, aber mit sarkastischem Blick auf die gespaltene Realität der Identitätssucher. Vielleicht sogar die Gegenwart dessen, was einmal Punk war, heute aber nicht mehr so heißt.

Am 10.05. in Essen...

http://www.nmfarner.de/
http://www.labelsmusic.de/

Zur Kritik von „Die Stadt"