Bei der vorliegenden Einspielung wählt Sakamoto, wie der Titel avisiert, die ruhigen Solopfade. Ob Stücke aus der aktuelleren Schaffensphase, wie “Energy Flow”, sowieso ein ruhiges Klavier Stück, oder ältere Stücke wie “Tibetan dance” und “Behind the mask”, mit einem anderen musikalischen Hintergrund, alles schafft Ryuichi Sakamoto in sein Klangbild sehr passend hinein zu setzen. Anders als die zu letzt erschienene Live Einspielung mit Alva Noto und dem Ensemble Modern, bei der sich Sakamoto sehr in der Herangehensweise an seinen jungen Mitstreiter orientiert hat, wird hier der eigene Weg der Ruhe gewählt. Soll auf keinen Fall heißen, das sich jetzt hier Hörer einer Kuschelklassikcompilation angesprochen fühlen sollten. Im Gegenteil, hier spielt sich nicht ein, mit aufgesetzter Sorgfalt, das Publikum blendender, Weichspüler hervor, welcher dann bei einer nächsten Produktion zeigt, wie der Hammer heraus zu holen ist. Welchen Weg Ryuichi Sakamoto bei seiner nächsten Produktion wählt ist nicht möglich abzuschätzen. Aber auch für den Fall, dass es “nur” eine Tanzproduktion sein sollte, jeder wirklich Interessierte wird realisieren können, wie stimmig Sakamoto jede Kleinigkeit, vielleicht auch nur kleine Filmausschnitte oder Fotos, zu dem großem Puzzle zusammenträgt, was das einmalige, unverwechselbare Bild von dem Kosmos seiner Kunst zeigt.
Seine Perfektion zu allem fällt besonders auf, wenn man in der Chronologie schaut und auf den Namen von einem der engeren Weggefährten von Sakamoto, David Sylvian stößt und bei jeder eigenen Produktion der letzten Jahre, von selbigem, feststellen muss, wie leider orientierungslos dieser sich in doch arg aufgesetzte Art und Weise von Produktion verirrt. Die Arbeit von Sakamoto mit Carsten Nicolai zeigt, z. B. wie der japanische Maestro sich mit neuen innovativen Menschen/Künstlern auseinandersetzt, sich mit deren Herangehensweise beschäftigt, diese dann auch versteht, sie sich dementsprechend zu eigen macht und in die eigene Produktion absolut perfekt einarbeitet. Im Vergleich dazu fällt auf, dass der Zusammenarbeit von David Sylvian mit Christian Fennesz nur eine eigene gewachsene Produktion anzuhören ist, solange David Sylvian nicht der “Kopf des Ganzen“ ist. An dieser Stelle zur Information, dass Sakamoto eine sehr gute Produktion schon vor einiger Zeit mit Christian Fennesz bei Touch veröffentlicht hat. Sitzt Sylvian an den Reglern verläuft alles in einer Mischung aus belangloser Ruhe und völlig aufgesetzten Noisecollagen, alles ruft nach einer konzentrierten Linie, zu der in einigen Teilen sogar mittlerweile das Coverartwork gehört.
Zu wissen, warum eine konsequente Zusammenarbeit von Sylvian/Sakamoto nach kurzen Interluden immer wieder beendet wird, möchte man dieser Wahrheit habhaft werden? So bleibt immer das befremdliche Idyll, David Sylvian in seiner belanglos traurigen Orientierungslosigkeit sitzen zu sehen, wohin gegen Ryuichi Sakamoto nie einen Zweifel an der komplexen Homogenität seiner Arbeiten aufkommen lässt.
Der Hörer ist hier wirklich ausschließlich in der Situation, sich dafür zu bedanken, zuhören zu dürfen.
Herbst 2009
Decca Music (Universal)
Wenn Ihr nichts anderes kaufen wollt/könnt als einen Titel, bitte diesen im unruhr-Popkulturshop .
www.sitesakamoto.com
www.skmt09.com/
www.youtube.com/user/rskmt09
www.flickr.com/photos/skmt09/