Fall Out Boy - Folie à Deux (2008 Island/ Universal)

Folie à DeuxFolie à deux (frz. „Geistesstörung zu zweit"), auch „induzierte wahnhafte Störung", „gemeinsame psychotische Störung", „psychotische Infektion" oder „symbiotischer Wahn", bezeichnet die relativ seltene, ganze oder teilweise Übernahme einer Wahnsymptomatik durch einen nahe stehenden, primär nicht wahnkranken Partner. Nach einer Trennung verschwindet der Wahn meist bei der vormals gesunden Person.

Gemeinhin gilt als bekannt, dass Genie und Wahnsinn nahe beieinander liegen. Damit möchte ich jetzt nicht sagen, dass Fall Out Boy mit ihrem neuen, bereits fünften Album ein Geniestreich gelungen ist. Aber eines kann man durchaus sagen: Folie à Deux ist musikalisch abwechslungsreicher und erwachsener als all seine Vorgänger.

Doch nicht nur die musikalische Bandbreite bietet dem Rezipienten einiges an Hörvergnügen, sondern auch das sich über die gesamte Länge des Albums erstreckende Ratespiel „Listen Who's  Singing". Sorry, wenn ich jetzt genauso nerve wie jemand, der das Ende eines wahnsinnig spannenden Films verrät, den man unbedingt noch sehen wollte, aber hier ein Auszug aus der Cameo-Liste: Lil Wayne, Travis McCoy (Gym Class Heroes), Alex deLeon (The Cab), William Beckett (The Academy Is), The Neptunes, Debbie Harry, Elvis Costello (!) und Brendon Urie von Panic At The Disco.

Dem Ratespiel allen Spaß zu nehmen, geschah nicht aus Böswilligkeit, sondern war notwendig, um hinter die Bedeutung des Albumtitels zu kommen. Denn hört man bei den Liedern genau hin, erkennt man schnell in Fall Out Boy die in der obigen Definition des Terminus erwähnte „gesunde Person" und in den Gastspielern die „Wahnkranken". Werden die Jungs um Frontmann Pete Wentz z. B. bei dem Song „Tiffany Blews" vom Rapper Lil Wayne unterstützt, driftet der Sound Richtung R&B, zum Schluss gar Richtung Funk und Soul. Haben The Neptunes mitgemischt („w.a.m.s.") geht es eher ins Elektronische. Und leiht Brendon Urie ihnen seine Stimme, hört man ganz extrem die legendäre Pilzkopftruppe aus Liverpool heraus. Kein Wunder, werden er und seine Kollegen doch seit Erscheinen ihres neuen Albums „Pretty Odd" auch gerne die „Emo-Beatles" genannt.

Fall Out BoyFall Out Boy sind also hochgradig anfällig, die Wahnattacken ihrer Mitstreiter empathisch zu übernehmen. Zu dem bunten Strauß der Rockmusik gesellen sich noch Reminiszenzen an: R.E.M. (die -1 Minute vor dem ersten Titel „Disloyal Order Of Water Buffalos"), Alphaville („Headfirst Slide Into Cooperstown On A Bad Bet", übrigens der längste Songtitel des Albums, was für FOB-Verhältnisse wirklich kurz ist) und Rockopern alla The WhosTommy"(„West Coast Smoker"), die jedoch alle von Fall Out Boy auf ihre Weise neu interpretiert werden und besonders auch durch die extrem prägnante Stimme von Sänger Patrick Stump den einzigartigen FOB-Sound bekommen.

Hoffen wir, dass Pete Wentz privat nicht auch unter dem „Folie à deux"-Syndrom leidet, denn dann wird das nächste Album eine Girle-Pop-Scheibe im Stil seiner seit diesem Jahr Angetrauten Ashlee Simpson.

Hörproben gibt's hier http://www.falloutboy.de/ecards/folie-a-deux/ und das Album ab dem 12.12.2008 beim Plattendealer eures Vertrauens.

http://www.falloutboyrock.com/

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