Sugarplum Fairy – The Wild One (2008 Universal)

The Wild One„Alter Schwede!" möchte man anerkennend ausrufen, wenn man sich die Tatsache auf der Zunge zergehen lässt, dass die zwischen 22 und 25 Jahre alten Mitglieder von Sugarplum Fairy dieses Jahr bereits ihr 10jähriges Bandjubiläum feiern. Seit ihrer Gründung haben sie schon drei Alben veröffentlicht - jeweils im Abstand von zwei Jahren seit 2004. Das Dritte, auch so genannte „Make-or-Break-Album", „The Wild One" ist gerade erst am 19. September auf den Markt gekommen. Schon der Titel, der einem Marlon Brando-Film (auf Deutsch „Der Wilde") aus dem Jahr 1953 entlehnt ist, in dem dieser den Anführer einer Motorrad-Gang verkörpert, die in eine amerikanische Kleinstadt einfällt und dort tagelang die hysterisch reagierende, spießige Einwohnerschaft aufmischt, zeigt, in welche musikalische Richtung es diesmal geht. Die fünf Jungs aus der schwedischen Kleinstadt Borlänge haben sich vom jungen sorglosen, frechen und zügellosen Indie-Pop-Rock der beiden Vorgängeralben „Young And Armed" (2004) und „First Round, First Minute" (2006) verabschiedet und wollen sich nun als ernsthafte Rock'n'Roll-Band etablieren.

Die Karten dafür stehen gut, denn obwohl musikalisch nicht ganz so abwechslungsreich wie die ersten beiden Alben, die poppige, rockige und sogar orientalisch angehauchte Songs („Visible Karma") munter mischten, ist „The Wild One" eine gelungene Zeitreise durch alle Jahrzehnte des Rock'n'Roll, angefangen mit den 1960er Jahren bis heute. Das Album klingt sowohl die Melodien als auch die Texte betreffend wesentlich erwachsener und reifer, das zugrunde liegende Thema „Rebellion" zieht sich durch fast alle Lieder und bedingt auch das neue Image, dass sich die Band zugelegt hat, die sich für Albumcover und Pressefotos im lederbejackten und bikerbootigen Rebellenlook hat ablichten lassen.

Das Thema kommt nicht von irgendwo, mit ihm verarbeiten die jungen Schweden ihre Erfahrungen der letzten Jahre, sowohl aus der Zeit, als sie noch in einer Kleinstadt auf dem Land gelebt haben, als auch, ihr neues Dasein als Großstädter: „Wir wollen ein Gefühl zum Ausdruck bringen, dass es uns egal ist, was Leute von uns denken. Irgendwie waren wir in manchen Dingen immer Außenseiter, und dieses Gefühl spiegelt sich in den Texten von „The Wild One" wider. Als wir in Borlänge lebten, gehörten wir nirgendwo richtig dazu, also zogen wir nach Stockholm in dem Glauben, da passen wir hin. Aber so war es nicht, und das hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind."

Die Norén-Brüder Victor und Carl, David Hebert, Kristian Gidlund und Jonas Karlsson zumindest sind äußerst zufrieden mit ihrem Werk. Carl erklärt warum: „Wir haben uns selbst gefunden und wissen wie wir klingen möchten. Es ist so, als hätten wir uns selbst verstanden." Glückwunsch! Manch einem gelingt das in seinem ganzen Leben nicht.

Den Einstieg in die musikalische Zeitreise durch den Rock'n'Roll bildet das gutgelaunte „The Escapologist", das man neben der ersten Single-Auskopplung „Never Thought I'd Say That It's Alright" und „Love's Turning Into Boredom" als die für Sugarplum Fairy typischsten Lieder auf dem Album bezeichnen kann. „Bring Danger To Me" fängt zwar an wie „My Saviour, My Secret" von „First Round, First Minute", doch anstatt auf einen zuckersüßen Poprefrain hinzuführen erwartet den Hörer ein schmissiger mit Nachdruck vorgetragener Rockchorus.

 „In Berlin" ist eine der wenigen Balladen und eine sehr schöne und melancholische noch dazu, die von einer zerbrochenen Liebe in einer zerstörten Stadt erzählt und sehr cinematografisch daherkommt. Vor dem geistigen Auge sieht man den Protagonisten schweren Schrittes und geneigten Hauptes durch aufgebrochene Straßenzeilen an brennenden Autos vorbeischlurfen. Die zweite Ballade „Caroline" ist an ein traditionelles schwedisches Lied angelehnt, das die Jungs als Kinder gehört haben und wirkt durch die fröhliche Melodie positiver als „In Berlin" obwohl es auch hier um Alleinsein und Abschied geht. Passend zum letzten Song des Albums.

Und nun zu den konkreten Stationen auf der Zeitreise: „Here She Comes" ist 60er Jahre Beatles-Musik, „Love's Turning Into Boredom" 70er Jahre Rock, „You Can't Kill Rock'n'Roll" erinnert mich lustigerweise an alte Songs der in den 80ern extrem populären ebenfalls aus Schweden stammenden Hardrockband Band Europe und auch „Kick It Up" klingt ein bisschen wie 80er Jahre Hardrock.

Der Bonustrack „Bus Stop" ist ein Cover des The Hollies-Hits aus dem Jahr 1966. Kaum zu glauben, dass die in den frühen 1960er Jahren in Manchester gegründete Band heute noch existiert, wenn auch nur mit einem Mitglied der ursprünglichen Besetzung. Ende 1971 wurde der Sänger Allan Clarke kurzzeitig durch den Schweden Mikael Rickfors ersetzt. In dieser Zeit waren The Hollies jedoch nicht sonderlich erfolgreich. Das sollte man aber keineswegs als Omen für den Erfolg von „The Wild One" werten, denn der Streifzug durch die Geschichte des Rock'n'Roll ist Sugarplum Fairy durchaus gelungen.

Selbstverständlich wollen sie ihr neues Werk auch live einem möglichst großen Publikum zugänglich machen. Dazu haben sie in diesen deutschen Städten die Möglichkeit:

29.09.2008 Köln, Bürgerhaus Stollwerck
01.10.2008 Aschaffenburg, Colos-Saal
07.10.2008 München, Backstage Werk
08.10.2008 Dresden, Beatpol
09.10.2008 Berlin, Columbia Club
10.10.2008 Hannover, Musikzentrum
12.10.2008 Bochum, Matrix (Neuer Termin. Verlegt vom 23.09.08)
14.10.2008 Bremen, Modernes (Neuer Termin. Verlegt vom 25.09.2008)


http://www.sugarplumfairy.nu/

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