Es ist ein warmer Vorfrühlingstag, die laue Luft evoziert schon die Ahnung länger werdender Tage, Longdrinks unter freiem Himmel und dolce far niente. Passend dazu gibt sich die locker-leichte und sehr tanzbare Synth-Pop-Band Two Door Cinema Club die Ehre, im Rahmen ihrer Deutschland-Tour am Abend ein Konzert zu geben.
Wir haben uns den Bassisten Kevin Baird geschnappt, sind mit ihm in den Park gegangen, wo wir in der Sonne saßen, und neben munterem Vogelgezwitscher seinen ebenso munteren Ausführungen über wankelmütige Musikjournalisten, die nordirische Musikszene und das zeitlose Ideal beim Musikmachen lauschten.
Ja, die gesamte Tor ist ausverkauft!
Ja, total! Für eine englische Band unseres Bekanntheitsgrades ist es wirklich schwierig, das in Deutschland zu schaffen. Das erfordert eine Menge Arbeit. Ich weiß auch nicht, warum wir es geschafft haben.
Überall den gleichen Erfolg zu haben, wäre toll. Wir wollen ganz bewusst überall spielen, in kleinen Venues. Wir wollen nicht erst nächstes Jahr, wenn wir vielleicht unseren vorläufigen Höhepunkt in England erreicht haben, nach Deutschland kommen und auf der Grundlage unsere Erfolges in England schon in Hallen vor 2.000 oder mehr Leuten spielen. Wir wollen unseren Erfolg in jedem Land gleichzeitig aufbauen. Natürlich ist es ein großer Traum von uns, in den USA den Durchbruch zu schaffen, und es ist für britische Gitarrenbands schwer, das zu erreichen. Deswegen wäre es großartig, wenn wir es schaffen würden.
Gar nicht, wir hatten alles schon fertig. Ich glaube, die Verantwortlichen bei Kitsunè haben einfach eine Leidenschaft für Musik. Sie haben zwar schon Einfluss auf die Gestaltung, z. B. die Umsetzung der Videos, aber musikalisch sind es nur wir auf dem Album. Der Einzige, dem wir Einfluss auf unsere Musik zugestehen, ist unser Produzent. Kitsuné haben uns wegen unserer Songs verpflichtet und nicht, weil sie darauf Einfluss haben wollten.
Es war nicht nur das. Bands sind nur gekommen, wenn sie in Belfast vor 1.500 Leuten spielen konnten. Also kamen nur wirklich bekannte Bands. In England haben sie vielleicht sogar vor 3.000 Leuten gespielt. Das sagt einiges über die Leute in Nordirland aus. Wenn sie das Gefühl haben, dass sich eine Band nicht für sie interessiert, dann wollen sie sie auch nicht sehen. Wir sind hautsächlich mit lokalen Bands aufgewachsen. Das war gleichzeitig eine Inspiration für uns, selbst eine Band zu gründen. Es waren Leute, die in derselben Straße wie wir wohnten , die wir kannten und mit denen wir uns unterhalten haben. Rückblickend muss man wohl sagen, dass sie nicht sehr viel Erfolg hatten, aber für uns war das damals unglaublich. Sie spielten Songs, die wir toll fanden, und Leute kamen, um sie zu sehen. Außerdem gab es nicht diesen Konkurrenzkampf wie in der Londoner Musikszene.
Ja, eine sehr starke. Es ist eine kleine Gegend, aber auf diesem engen Raum gibt es viele, beeindruckende Bands. Alle kennen sich untereinander, alle verstehen sich und helfen sich gegenseitig. Es herrscht eine großartige Solidarität unter den Bands. Ich denke, das liegt daran, dass die Musikindustrie keine große Rolle spielt. In Belfast gibt es keine Labels oder Manager. Es geht vielmehr darum, nur aufzutreten und vor Leuten zu spielen.
Ja, genau. Wir fühlen uns dort sehr zuhause und vermissen es total, dort aufzutreten und Teil dieser Szene zu sein.
Ja, mussten wir. Kurz bevor wir das Album aufgenommen haben, sind wir umgezogen. Es ist einfach umständlich von Nordirland aus auf Tour zu gehen.
Nein, das denke ich nicht. Es klingt vielleicht traurig, aber wenn man eine solche Situation sein ganzes Leben lang gewohnt ist, dann ist sie einfach Normalität. Heute ist es nicht mehr so schlimm wie es mal war, das war es hauptsächlich während der Generation unserer Eltern. Es ist zwar immer noch sehr präsent, und es gibt einfach Dinge, von denen man weiß, dass man sie nicht tun sollte, oder Orte, von denen man weiß, dass man nicht dorthin gehen sollte. Aber wenn man es nicht anders gewohnt ist, wirkt es einfach nicht eigenartig. Uns hat es auf jeden Fall nicht beeinflusst, und ich kann mich auch an keine Band aus Belfast erinnern, die über ihre Erlebnisse während dieser Zeit geschrieben hat. Es gibt kaum welche, die über die Probleme schreiben wollen, die sie erlebt haben. Es hat sich viel verändert seit U2 “Sunday Bloody Sunday” geschrieben haben (lacht).
Sehr wichtig! Wir haben alle sehr starke Ideale. Es ist sehr wichtig zumindest ein Ziel zu haben, auf das man hinarbeiten kann. Gestern hat uns jemand gefragt: “Ihr habt jetzt ein Album herausgebracht und Erfolg, habt ihr euer Ziel erreicht?” Und wir antworteten: “Nein, es ist nicht unser Ziel, das nur einmal zu machen.” Es ist nicht unser Ziel, ein Album zu veröffentlichen und nur einmal um die Welt zu touren. Unser Ideal wäre es, das so lange zu machen wie Leute unsere Alben kaufen. So lange wir eben können. Doch, es ist wirklich wichtig, starke Ideale, eine starke Moral und Ambitionen zu haben. Man sollte sich immer darüber bewusst sein, was man tut und vor allem warum.
In der Musik und in der Mode kommt alles irgendwann wieder. Gerade ist es eben der Synth-Pop. Wir versuchen aber, uns nicht in eine solche Schublade stecken zu lassen. Ich denke, es ist eher eine Phase und bald ist wieder etwas ganz anderes angesagt. Electro und besonders Dubstep scheinen jetzt auf dem Vormarsch zu sein. Wenn man sich zu sehr auf nur eine Richtung konzentriert, ist man ganz schnell passé. Wir wollen nur Musik schreiben und haben es hoffentlich geschafft, nicht in einer Phase hängenzubleiben. Letztendlich geht es bei jedem Popsong - egal ob von Rihanna oder von den Beatles - um starke Melodien. Das ist uns, glaube ich, in unseren Songs gelungen. Das zeitlose Ideal ist es einfach, eine starke Melodie zu haben. Wir versuchen, etwas anderes zu machen, als die anderen und nicht in einer Phase steckenzubleiben.
Ja, kann sein. Wir haben uns nie irgendwelche Grenzen auferlegt wie ein Song klingen soll oder nicht klingen darf. Wenn etwas funktioniert, dann funktioniert es eben. Wir haben mal mit afrikanischen Drumbeats experimentiert. Es klang prima, deswegen sind wir dabei geblieben. Wir wollen keine Synth-Pop-, Rock- oder Indie-Band sein, sondern nur eine Band. Sollen doch die anderen entscheiden, was wir ihrer Meinung nach sind.