Sofa Surfers: "In Buxtehude würden wir anders klingen"

Sofa SurfersWir kennen Österreich, kennen wir Österreich?

Mit dieser Frage beschäftigt sich die scene: österreich in nrw, bei der sich noch bis Juli die aktuelle österreichische Kulturszene in NRW präsentiert. Das Österreich mehr zu bieten hat als Klassik und die gerne bemühte Walzer-Seligkeit vergangener Zeiten, beweist das Vienna Beats-Festival, das am 30/31.05. im Dortmunder Domicil stattfindet und einen bedeutsamen Teil der zeitgenössischen Musik- und Clubszene Wiens ins Ruhrgebiet bringt.

Mit dabei die Sofa Sufers, die mit ihrer erdigen Mischung aus Dub, Soul, Down- und Big-Beats gepaart mit Minimal Rock neben Kruder & Dorfmeister als Hauptprotagonisten des „Sound of Vienna“ gelten. Das sechsköpfige Musikerkollektiv gilt als grandioser Liveact, sehen sie doch als Eckpfeiler ihrer Musik neben dem Programmieren auch das Spielen. Zur Zeit arbeiten die Sofa Surfers an neuem Material und so dürfte das Vienna Beats eine gute Gelegenheit sein, schon vorab erste Eindrücke von den neuen Songs zu bekommen.

Hier nun die Sofa Sufers in Person von Michael Holzgruber im Interview über die Rolle als Kulturbotschafter, das neuen Album und natürlich die EM.

Ihr treten bei eurem Konzert in Dortmund im Rahmen der “scene: österreich in nrw” auf. Wie fühlt man sich denn in der Rolle des Kulturbotschafters?

Hmm, wir haben uns, glaube ich mal, noch nie als Kulturbotschafter Österreichs gesehen, das wäre auch anmaßend. Aber wir leben ja und produzieren Musik immer schon hier in Österreich, somit sind wir logischerweise ein Bestandteil der, sagen wir mal, Musiklandschaft Österreichs. Wir repräsentieren sicher nur einen kleinen Teil Österreichs, aber das tun wir gerne. Sicher könnten wir auch in einem anderen Land Musik machen, aber die Tatsache, dass unser Umfeld Wien ist, hat sicher auch einen Einfluss auf unsere Musik. Schwer zu definieren, wie sich das bemerkbar macht, aber ich nehme mal an, dass ein Sofa Surfers-Album produziert in Buxtehude anders klingen würde. In Südspanien auch, aber vielleicht wäre das sogar mal gut für uns ;)

„Das Österreichische frage ich mich immer/was ist es” (Thomas Bernhard in „Heldenplatz”). Was ist es für euch?

Wien 2007Umso öfter ich Wien verlasse, umso lieber kehre ich hierher zurück. Habe schon öfters mit Freunden darüber diskutiert, was Wien für mich/uns ausmacht, aber es ist nicht einfach zu definieren. Ein urbanes Dorf würde ich mal sagen. Aber du fragst ja, was das Österreichische ausmacht. Na ja, Vorarlberg ist mir von der Mentalität her manchmal genau so weit entfernt wie die Schweiz, aber da zeigt sich vor allem der Kontrast zwischen Wien (und vielleicht noch Graz/Linz) und dem restlichen Österreich. Im großstädtischen Österreich gibt es viele kleine kreative Netzwerke, die über längere Zeit Bestand haben. Die Leute tragen nicht zu dick auf, wenn sie mal ein Projekt in der Mache habe. Man kann mit Leuten reden und diskutieren und hat nicht immer gleich das Gefühl, dass sie sich profilieren wollen oder noch schlimmer, einem was verkaufen wollen. Natürlich wird auch, wie man es von Österreich kennt, viel geraunzt, aber das ist in einem bestimmten Rahmen durchaus erträglich und ist mir lieber, als wenn Leute immer darstellen, was für ein tolles, erfolgreiches & kreatives Leben sie führen. Ich kann logischerweise aber nur von meinem direkten Umfeld sprechen. Auch gefällt mir der historische Hintergrund Österreichs und bin z.B. gerade dabei, Wien und seine Geschichte genauer zu studieren.

Das „Vienna Beats-Festival“ gibt einen Einblick in die zeitgenössische Musik und Clubszene Wiens. Gibt es denn überhaupt den „Sound of Vienna“ noch oder war das nur so ein Hype um Kruder & Dorfmeister und auch euch?

Ich glaube ehrlich gesagt, dass es den Sound of Vienna nicht mehr wirklich gibt und es stellt sich auch die Frage, ob es ihn jemals gegeben hat. Wenn man die Leute so fragt, was sie damit assoziieren, dann sind es immer Kruder & Dorfmeister. Viele kenne auch nur einen Song von uns, und zwar den Dorfmeister-Remix von „Sofa Rockers“. Und für viele ist eben dieser Style eben der Vienna Style. Hört man sich unsere Alben aber an und die Tracks bzw. Remixes von K & D, dann wird man nicht allzu viele Parallelen ziehen können. Und es gab und gibt viele andere gute Artists in Wien, die nicht im Entferntesten zu diesem Konzept passen. Sicher gab es in Wien eine Zeit lang eine Affinität zu Dub & Downtempo, aber die gab es in anderen Städten zu diesem Zeitpunkt auch. Ich glaube, Hypes werden meist von Medien erzeugt, damit die Magazine usw. überhaupt befüllt werden können. Ende der Neunziger war mal Wien am Zug und netterweise waren wir zu diesem Zeitpunkt gerade am Start und so ergab das eine das andere.

Mit eurem letzen “rotem Album” habt ihr euch von der Electro- und Dub-Musik wegbewegt und seit zu einer richtigen Band mutiert mit Gitarren und Schlagzeug. Wird dies auf eurem neuen, im Sommer erscheinenden, Album seine Fortsetzung finden oder in welche Richtung wird der Sound des Albums gehen?

Eine Band waren wir immer schon, live zumindest, auf Tonträger war das rote Album eben das erste Album, wo wir die Songs wirklich komplett live gespielt haben. Eigentlich wollten wir das schon lange tun, aber der Grund, wieso das erst 2005 passiert ist, ist ein einfacher: Wir hatten nie wirklich die Möglichkeit, die Instrumente so aufzunehmen, dass wir zufrieden waren. Wir hatten zwar immer ein kleines Studio, aber vor allem der Sound der Drums ist ein langwieriges Thema und da sind wir einfach Perfektionisten. Beim ersten Album „Transit“ 1997 haben wir auch noch viel herumexperimentiert (nicht immer erfolgreich), aber bei „Cargo“ und „Encounters“ haben wir vor allem mit Samples gearbeitet. 2005 hatten wir bei einem Freund in seinem Studio erstmals die Möglichkeit so aufzunehmen, wie wir uns das ca. vorstellen.

Das neue Album erscheint leider nicht schon im Sommer, wir nehmen die Songs erst im Sommer auf. Wie immer, brauchen wir wieder mal Ewigkeiten für ein Album ;).

Wir haben uns die Verlängerung gegönnt, als wir kurz mal nicht weiter wussten. Letztendlich hat das Album diese Verlängerung auch gebraucht. Wir werden die neuen Songs wieder live einspielen, diesmal haben wir jedoch noch zusätzlich die riesige Plattensammlung eines Freundes missbraucht und 3 Tage lang Platten gesampelt. Manche Samples finden nun eben auch ihren Weg aufs Album. Somit ist das Konzept ein bisschen „Best of both worlds“. Hoffen wir mal, dass das Konzept auch aufgeht.

Die Sofa Surfers werden immer als ein Kollektiv bezeichnet, das über die Musik hinausreicht. So gehört bei euch ja auch der Visualist Timo Novotny zur Gruppe. Wie wichtig war euch diese Abgrenzung von dem klassischen Bandverständnis?

Sofa SurfersDie Abgrenzung ist keine konzeptionelle, sondern eher aus einem natürlichen Bedürfnis heraus. Man darf das aber auch nicht überbewerten, auch wir haben einen Sänger in der Mitte der Bühne stehen plus Gitarre, Bass, Computer, Drums und Visuals. Hunderte andere Bands arbeiten live ähnlich, wir versuchen uns zumindest in einem Halbkreis aufzustellen, so dass wir uns beim Spielen anschauen können und aufeinander reagieren können. Der Sänger steht also ein Höhe mit Computer/Mixer (links vorne) und Drums (rechts vorne).

Die Visuals sind ein integraler Bestandteil und wir vermeiden wo es nur geht, ohne Visuals aufzutreten. Der Timo arbeitet schon so lange mit uns zusammen, so dass er immer die richtigen Bilder zur Musik findet und dadurch, dass er die Videos auch live mischt, fügt er der Show einen wesentlichen charakteristischen Bestandteil hinzu.

Die Abgrenzung hat eher was mit Rollenverteilung zu tun. Der Sänger ist bei uns eben gleichwertig mit den anderen Musikern und die Visuals kein nettes Gimmick.

Die letzte Frage zur EM: Die österreichische Nationalmannschaft muss ja jede Menge Häme ertragen u.a. gibt es schöne Textilien mit dem Slogan “Zu Gast bei Verlierern”. Wird es denn wirklich so schlimm? Eure Einschätzungen/Erwartungen zur EM?

Vielleicht wird es ja ein 3. Platz in der Gruppe B. Die Österreicher haben sich zumindest gesteigert und die letzten beiden Spiele in der 1. Hälfte super, in der 2. Hälfte katastrophal gespielt. Wenn sie ein bisschen mehr Ausdauer beweisen, dann wäre das schön. Trotzdem halte ich ihnen natürlich die Daumen. Aber ich bin nicht so ein Fußball-Fan, ich schaue regelmäßig Spiele der MLB (Major League Baseball) über NASN und Internet an.

www.sofasurfers.net
www.myspace.com/viennabeats

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Bilder: Pressefreigabe / Mic