2LHUD: "Wir sind nicht so teuer wie Tokio Hotel, sehen besser aus und haben mehr Rückenhaare!"

Too loud?Allein der Name schreit nach Rückfragen. Doch auch das Debütalbum bietet ausreichend Gesprächsstoff. Und überhaupt. UnRuhr nutzte die Gelegenheit, mit Schlagzeuger Mitsch und Sänger Stefan das Innenleben der deutschen Punkband 2LHUD auszuloten. Ein Gespräch über Plattenküche, Essen und Bier.

Eure Texte erwecken den Eindruck, dass hinter Punk immer noch mehr steckt als lediglich die Musik, auch Lebensgefühl, Attitüde. Täuscht der Eindruck?
Tja, der Herr Farin Urlaub hat es mal als „Punk ist Arschlecken und Rasur“ bezeichnet. Diese Einstellung mitsamt dem ausgestreckten Mittelfinger und zwar in jede (!) Richtung sollte noch mit vielleicht etwas Herzwärme gekreuzt werden, dann sind wir doch der Sache schon ziemlich nah. Dein Ding ist wichtig! Muss aber keinem Anderen aufgedrückt werden.

Eure Fotos zeigen, ihr seid auch nicht mehr die Jüngsten.
Dann haben wir wohl den Weichfilter bei der Aufnahme vergessen bzw. müssen noch mal ein Wörtchen mit unseren Netzwerkadministrator reden oder aber einfach die Wirklichkeit akzeptieren.

Man kann auf eurer Webseite Platten von Vorläuferbands erstehen. Könnt ihr ein paar Worte zur Bandgeschichte verlieren?
Zwei Herren vom 1.Mai 87 sind noch dabei. Der 1.Mai hat sich ja damals aufgelöst, um eine Möglichkeit zu haben, frei und frank an das Schaffen neuer Stücke zu gehen. Wer einmal in eine Schublade mit Stempelaufschrift Deutschpunk einsortiert wurde, ist mit Herausbringen neuer Platten ein wenig an eben diese Erwartungshaltung gebunden. Enttäuschte Erwartungen sind Scheiße, also waren wir recht festgelegt. Neuer Name und neue Wege war wohl so ein bisschen das Motto der Veranstaltung. Vom Flagschiff „Inner Conflict“ kam der Reiner, der bei uns für die technische Unterlage sorgt. Auch mit der Lust, neben dem HC-Bass, eine weitere musikalische Richtung oder größere Bandbreite an Musik machen zu können. Der Chris ist und bleibt beim Bass. Dies hat er schon bei „Lord Louis“ gemacht , bei „Les 6 Kölsch 1 Cola“ und anderen Kapellen, wenn er nicht gerade den Zapfhahn seiner Kneipe bedient. Bleibt noch der Mitsch. Ich weiß nicht, ob ich seine Vorband verraten darf, er ist ja nun mal der Schlagzeuger und kann deshalb gut Schlagen und Zeugen (?), er war auch schon auf tollen Konzerten, den Bandnamen verrate ich besser auch nicht...Naja, 2LHUD ist auf jeden Fall ein Zusammenschluss netter Leute, die machen wollen und nicht dieses „man müsste mal machen“.

Es gab mal einen Cluberfolg in England. Ist das richtig?
Ja, aber nur in Plattenform. Das Tollshock Label aus Berlin war so mutig vom 1.Mai 87 mal eine Dub/Trashno 7“ rauszubringen. Bei uns in Deutschland wurde diese Scheibe überwiegend etwas seltsam bewertet, in Sinne des bereits angesprochenen Schubladendenkens. In England lief diese Platte als große Neuentdeckung, was vielleicht auch daran liegt, dass die Gesangspassagen keinen wirklichen Text haben, sondern die Sprache nur als Laut und Melodie genutzt wurde.

Die Bandinfo bezeichnet eure Musik als PunkReggae DubCore. Auf eurem Debütalbum Steckdose>>Licht sind Reggae und Dub weniger ausgeprägt. Wo liegen eure musikalischen Wurzeln?
Im Punk. Im Metall. Im Reggae. Bei den Roots eben. Oder das was eben unsere Generation als Roots bezeichnet. Oder in den Skys, weil da ist mehr Platz als unter der Erde. Nein, jetzt im Ernst, ich habe von Slime bis Bad Brains alles Mögliche gehört, aber es lagen genauso gut mal U2 oder NDW Platten auf dem Plattenteller. Ich habe Plattenküche, Bananas und später Formel eins geguckt. Viva gab es da noch nicht, und an MTV war nicht mal zu denken. Es prägt die Musik der Jugend.

Wollt ihr durch das Einbeziehen unterschiedlicher Einflüsse in eure Musik mehr Leute erreichen? Oder warum klingt ihr so wie ihr klingt?
Das mit dem mehr Leute erreichen wäre ein positiver Nebeneffekt. Wir gehen aber nicht in den Proberaum, um Musiktheorie in Verkaufszahlen umzurechnen. Unsere Musik, so wie sie gespielt ist, soll etwas eigenes werden und vor allen Dingen nach uns klingen. Das haben wir, denke ich, geschafft und das meiste, was wir machen, kommt aus dem Bauch.

Hut ab bei Textzeilen wie „Nur die Art der Selektion bedarf der Klärung / denn zu eng ist die Bindung zwischen Wirtschaft und Währung“.
Danke.

Seid ihr etwa Studenten?
Dafür sind wir doch schon zu alt, wenn ich mir das Bild so betrachte.

Zwei linke Hände und dumm?Ihr könntet Tokio Hotel sicher erklären, wie das Leben als Rockstar wirklich ist. Wie sieht 2LHUDs Zukunftsplanung aus? Was ist realistisch und wovon träumt ihr?
Tja , nach dem Konzert auf der Bühne pennen, wobei Außenrum besoffene Horden Flaschen kegeln und Dosen schießen spielen, muss ich auch nicht mehr haben. Schön für jede Band, die gerade wieder anfängt, mehr zu machen ist, sich nicht komplett selbst um Konzerte kümmern zu müssen. Also, an alle Veranstalter: Macht sofort Konzerte mit uns! Wir sind auch gar nicht so teuer wie „Tokio Hotel“, sehen besser aus, haben mehr Rückenhaare, trinken aber dafür auch mehr und brauchen während der Umbaupausen nicht mit Schulheften im Weg rumsitzen.

Wir kommen um die klassische Frage nicht umhin: 2LHUD heißt Zweiluut, oder?
Ja, das war schon mal Spitze, weil wer „TOO LOUT“ sagt, ist doof.

Eure Plattenfirma bewahrt das Geheimnis eures Namens aus erotischen Gründen.
Wir aus emanzipatorischen.

Wollt ihr eure geheimnisumwitterte Aura erhalten oder brennt ihr darauf, euer größtes Geheimnis exklusiv bei unRuhr der Weltöffentlichkeit zu verraten?
Wir machen eine Kreuzchenliste auf und vielleicht gewinnt der Vorschlag mit den meisten Zustimmungen:
a) Zwei Lieder haben unerhörten Druck
b) Too Lout
c) Zwei linke Hände und dumm
d) Tool Hud (Die Werkzeughütte)
e) Zwei Lieder halb unterm Durchschnitt

Zum Schluss eine „geopolitische“ Frage: Was denkt der gemeine Kölner über das Ruhrgebiet?
Essen ist fertig! Also, guten Appetit.

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Fotos: Pressefreigabe