Black Uhuru - Chill out

blackuhuru chill outBlack Uhuru ist vermutlich die Reggaeband mit der wechselvollsten Geschichte. In diesem Auf und Ab, den dauernden Umbesetzungen, Stiländerungen und Weiterentwicklungen scheint das 82er Album „Chill out" ein wenig unterzugehen.

Gegründet 1974 vom einzigen All-time-Mitglied Duckie Simpson, begaben sich Black Uhuru schnell unter die Fittiche der musikalischen Masterminds Sly & Robbie. Zu dieser Zeit stand die später zur Legende werdende Rhythmusgruppe ebenfalls am Beginn ihrer großen Karriere. Doch Schlagzeuger Sly Dunbar und der Bassmann Robbie Shakespeare hatten bereits klare Vorstellungen, wie der Roots Reggae weiter zu entwickeln ist.

1977 schloss sich schließlich Michael Rose der Gruppe an. Er bleibt auf ewig die Stimme von Black Uhuru. Egal wer sich zukünftig noch auf die lange Liste der Leadsänger der Band setzen wird. Die Kombination aus Roses Songwritertalent, seiner prägnanten Stimme und der Soundkompetenz von Sly & Robbie war unschlagbar. Die Ergänzung des Backgrounds durch die Amerikanerin Puma Jones markierte 1978 den Beginn der prägendsten Phase Black Uhurus.

War 1977 das Debüt „Black sounds of freedom" überwiegend klassischer Roots, zeigte das zweite Album „Showcase" (1979), wohin die Reise gehen würde. Sly & Robbie begannen ohnehin, einen treibenden, harten Roots Rockers zu produzieren. Diese Richtung bestimmte nun auch die Tunes von Black Uhuru. In Zusammenarbeit mit den drei Vokalisten Michael Rose, Duckie Simpson und Puma Jones entstanden bis 1983 fünf Studioalben, ein überflüssiges Live- und ein sehr gutes Dub-Album, die das Reggae-Genre mit einem bis dahin nicht dagewesenen Style bereicherten.

Der Sound von Black Uhuru in diesen Jahren war rau, rotzig, rockorientiert. Der Output wurde innerhalb der fünf Jahre experimenteller, verzichtete mit der Zeit mehr und mehr auf herkömmliche Roots-Reggae-Elemente und wies zu Beginn der 80er vermehrt in der Reggaewelt bis dato unbekannte Synthie-Passagen auf.

„Chill out" von 1982 dokumentiert die Entwicklung beispielhaft und stellt einen Meilenstein dieser Bandphase dar. Vielfach gelten die Alben „Sensemilla" oder „Red" als die herausragenden Black-Uhuru-Alben. „Chill out" ist nur das Mauerblümchen, das Black Uhuru aber zu unglaublicher Blüte treibt. Die Tracks verzichten nahezu komplett auf den reggaetypischen Offbeat der Rhythmusgitarre und Wally Badarou steuert erstmals über die gesamte Albumlänge moderne Synthiesounds bei. Die Percussion ergänzt das Ambiente der Synths, Robbies Bass grummelt furchteinflößend und Sly Dunbar setzt einen gnadenlosen Beat, der bereits an die Syndrums erinnert, mit denen der geniale Trommler in späteren Jahren experimentieren wird.

„Chill out" lässt stärker als die Vorgänger erkennen, zu was Black Uhuru in dieser Zeit fähig waren und welche überragende Bedeutung ihr Schaffen für den ganzen Reggae hatte. Der Nachfolger „Anthem" (1984) gewinnt dafür den Grammy, obwohl das Album dieses Konzept zu weit treibt und mutmaßlich auch deshalb die kreative Hochphase Black Uhurus beendet. Michael Rose verschwindet für 10 Jahre.

Der Sound Black Uhurus zwischen 1979 und 1984 ist bis heute einzigartig, obwohl das aktuelle Roots Revival inzwischen auf alles Damalige zurückgreift. Selbst der seinerzeit ebenfalls ungewöhnliche Sound Ini Kamozes feiert durch Protoje dieser Tage eine Reinkarnation. Black Uhuru dagegen bleibt bisher unkopiert und ist gegenwärtig immer noch unerreicht. Selbst eine unselige Reunion hat das nicht vermocht.