Kaffeefahrt für Coole - BLACK UHURU in der Live-Station 08/02

Sounds wie kalte PommesNatürlich kann man sich Suzie Quattro in der Schützenhalle von Ruppichteroth anschauen. Oder die Stones im Münchener Olympiastadion. Wenn man im passenden Alter und in entsprechender Stimmung ist. Die etwas Jüngeren, Lässigeren, die Querdenker erinnern sich ihrer Kiffervergangenheit gerne bei einem Konzert von Black Uhuru, die sich glücklicherweise zu diesem Zweck wiedervereinigt haben.

Deshalb waren sie alle da. Die geschnürte Lederhose, schön speckig, die Halbglatze mit bleistiftdünnem Pferdeschwanz, das Haarband rot-gelb-grün. Die an Wolfowitzsocken erinnernde Strickmütze gleicher Couleur und der weiße Basketballstiefel mit den drei schwarzen Streifen. Leider gleicht das Vorprogramm der RasItes der musikalischen Untermalung beim Heizdeckenverkauf, kurz bevor Tony Marshall die Bühne betritt.

Doch dann entert der MC die Bühne und verkündet das Motto des Abends: Legends alive. Zu den Klängen von Party in session betreten die Legenden die Szene. Michael Rose in gelbgrau gestreiften Sakko, Duckie Simpson in grauem Anzug mit Hemd in pink. In ihrer Mitte eine Backgroundsängerin als Ersatz für die selige Puma Jones.

Man vergisst leicht, dass Black Uhuru in dieser Besetzung für eine Vielzahl von Reggae-Klassikern verantwortlich ist: General penitentiary, Shine eye gal, Plastic smile, Abortion, Happiness, World is Africa. Die Liste ist beliebig zu verlängern und sieht auf Papier gigantisch aus. Großartig und alive sind die Klassiker an diesem Abend jedoch weniger. Sounds wie kalte Pommes: Kann man essen, begeistern aber nicht. Drum and bass der RasItes mühen sich nach Leibeskräften, um wie Sly & Robbie zu klingen. Michael Rose wirft alles in die Waagschale, um wie Michael Rose zu klingen. Doch das Alter macht offensichtlich vor Charakterstimmen nicht halt. Und den jungen Londonern kann man nicht vorwerfen, das sie nicht in die Schuhe der Rhythmusgiganten passen, die für Black Uhuru wichtiger waren als Black Uhuru selbst. Die RasItes geben alles und bekommen immer wieder sehr schöne dubwise-parts hin.

King Selassie, sagt dir das was??Mein Nachbar beschäftigt sich inzwischen im Gegensatz zu damals nun auch mit den Texten und brüllt seinem Nebenmann ins Ohr: King Selassie, sagt dir das was??? Die Antwort bleibt aus, weil gerade Guess who's coming to dinner angespielt wird und das Publikum zum ersten Mal an diesem Abend abgeht. Michael Rose ist gerührt hinter seiner Sonnenbrille und lächelt. Es folgt der heimliche Höhepunkt des Gigs. Eine schon fast jazzige Version von Youth of Eglington. Die RasItes zeigen, was sie drauf haben, weil sie nicht nur nach irgendwem zu klingen versuchen, sondern Eigenes fabrizieren und deutlich tritt zu Tage, welches Potenzial im Material von Black Uhuru steckt.

Das wäre das der bessere Weg gewesen. Eine Neuinterpretation des alten Materials anstatt das dünne Nachdudeln vergangener Sounds, um nicht irgendwann doch in Ruppichteroth zu enden. Eigentlich hätte es Michael Rose wissen müssen, stammt doch aus seiner Feder die Zeile: But I think for a while and say to myself / it's a time for every style.

Fotos: Mic

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