Man legt die CD ein und hört als erstes Gentleman. Diese Allgegenwart, sich als Feature-Act gesanglich durch gefühlte 5000 Reggae-Alben zu knödeln, nervt ungemein.
Das ist aber nach dem ansonsten sehr gefälligen Opener und Titeltrack überstanden und der wahre Genuss kann beginnen. Denn dazu bietet das neue Album des Münchners Jahcoustix aureichend Gelegenheit. Auf sattem Roots-Fundament entwickelt Jahcoustix eine Stilvielfalt, die das häufig als eintönig empfundene Korsett des klassischen Roots-Reggae gewaltig ausstaffiert. Die Pop-Reggae-Eröffnung mit dem Titeltrack wird in Songs wie "Higher grounds" und "Losing gravity" noch erweitert, "Symphony of elements" integriert Bhangra-Beats, in "What’s religion for" erklingt eine spanische Gitarre, "Contemporary fool" bietet ein fast schon jazziges Saxofon, die erste Single-Auskopplung "True to yourself" hat Lagerfeuer-Liedermacher-Ambiente und abschließend zeigt sich "Take me away" als Afrobeat-Tanzflächennummer. Zwischendrin althergebrachter Roots in Stücken wie "Truly real" feat. Saven, "Live today" (mit Sebastian Sturm) und "Trick we", das ein wenig an Israel Vibration erinnert. Die textliche Spannbreite ist ebenso groß und reicht von der kommenden Revolution bis zum nächsten Scheiß-Montag.
Stöbert man ein wenig in den Archivkellern des Reggae, fallen einem große Namen ein, die diese Musik in ähnliche Richtung führten: Jimmy Cliff, Third World, vielleicht Inner Circle und Beres Hammond. Schon damals wurden diesen Künstlern Fragen nach der Authentizität gestellt, nach der Gefahr des Abdriftens. Durch die heutige Globalisierung der Musikstile erübrigt sich solch eine Fragestellung und man kann festhalten: "Crossroads" ist ein überaus abwechslingsreicher Langspieler mit einem ausgefeilten, und trotzdem sehr locker klingenden Sound der Yard Vibes Crew geworden. Entertainment schlägt Purismus, Geschmeidigkeit gewinnt gegen Gleichmaß und am Ende habe ich sogar Gentleman vergessen.
Erscheinung: 2010 (03.09.)
Label: Kingstone Records
www.jahcoustix.net
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