Messi-As

tippkick2Der Nummer 10 wird der Ball per Hacke zugespielt. Mit dem Rücken zum Tor vollzieht sie eine kurze Drehung und serviert ihrem linken Fuß die Kugel auf der Strafraumgrenze, zentral vor dem Tor.

 

In diesem Moment wird die gewöhnliche Bundesligazehn den strammen Schuss wählen, der wie ein Strich im Tordreieck endet. Dieser fromme Wunsch führt aber in den meisten Fällen dazu, dass die Kugel über den linken Spann rutscht und irgendwo zwischen Torpfosten und Eckfahne endet. Oder durch die schnelle Körperdrehung kommt die 10 in Rückenlage und der Ball zerreißt etwa 20 m über dem Tor das Fangnetz. Im besten Fall fischt der Keeper den Ball mit einem unglaublichen Reflex aus dem linken Winkel.

Das alles ist bei Barcelonas 10 ausgeschlossen. Diese 10 schickt den Ball mit einem Samtschleifchen versehen in die rechte untere Ecke des Tores und selbsternannte Weltklassetorhüter sehen so alt aus wie sie auch tatsächlich sind.

Es war die vielleicht aussagekräftigste Szene des Achtelfinalrückspiels in der Champions League zwischen Cosmos Barcelona und dem VfB Stuttgart-Süd. In diesem Moment zeigte die 10 den 90.000 Zuschauern, dass man alles auch anders machen kann. Was die katalanische Mannschaft den tapferen Schwaben während des gesamten Spiels demonstriert hat. Man kann spielen wie eine F-Jugend-Mannschaft - alle dort, wo der Ball ist - und damit allerdings höchste Fußballkunst zelebrieren. In Barcelona wird nicht gedoppelt, sondern...wie heißt das eigentlich...gesechsfacht? Der defensive Mittelfeldspieler scheint im Salat zu storchen, eröffnet jedoch mit simpel erscheinenden Körpertäuschungen freie Spielfeldbereiche von der Größe Luxemburgs. Das größte deutsche Talent im defensiven Mittelfeld verliert bei den Charaden komplett den Überblick.

Was bedeutet auch schon defensives Mittelfeld bei den Spaniern? Nichts. Absolut nichts. Es schließt nämlich nicht aus, dass die 6 zwischenzeitlich 10 spielt oder 11. Genauso wie die 3 die gesamte zweite Halbzeit mal 7 spielt. Deshalb ist es auch völlig unerheblich, ob der Trainer einen Defensiven gegen einen Stürmer tauscht, obwohl man bereits 3:0 führt. Er hätte auch die gesamte Abwehrviererkette vom Feld nehmen können und man hätte weiterhin den Eindruck gehabt, es seien 15 Katalanen und zwei Schwaben auf dem Platz.

Dass Barcelonas Trainer keine Zeit zum Rasieren hat, ist daher verständlich. Wie soll auch sonst die Trainingswoche ausreichen, um den Spielern eine Kondition zu verpassen, dass alle jederzeit überall auf dem Spielfeld sind, und zudem technische Fertigkeiten, die mehr an Varieté als an Fußball erinnern?

Jeder Fußballfreund freut sich natürlich auf hochklassigen Fußball. Aber Barcelona zuzuschauen macht fast keinen Spaß mehr. Es ist beinah schon zu perfekt und unecht. Irgend etwas kann da nicht stimmen oder sind die wirklich so gut?