Sprichmord

lexikaDer kreative Umgang mit der deutschen Sprache ist längst nicht mehr nur den Literaten vorbehalten. Unter uns befinden sich Menschen, die im Umgang mit überkommenen Redensarten und Sprichworten ein Feuerwerk des Ideenreichtums abfackeln. Es kommt einer Reformation des Deutschen gleich, wenn diese schöpferischen Geister unterwegs sind, um altmodischen Redensarten frischen Odem einzuhauchen. Und das nach allen Fäden der Kunst*. Genau dies soll hier Tagesordnung sein, ohne es in der schwülstigen Verklausulierung eines Bohemiens auf das Tapet zu bringen. Nein, innovative Redensarten gehören auf’s Trapez*.

Dort, hoch oben unter der Kuppel, ist der richtige Platz für die strahlenden Wortschöpfungen. Sie sind der rosane Streifen am Horizont*, denn ist Hoffnung wirklich silbern? Unser aller Hoffnung auf Sprachentwicklung, die schon am modernen Umgang mit Adjektiven offensichtlich wird: Die lilane Kuh, die zue Tür. Hier steht im Vordergrund, das Gemeinte auf den Punkt zu bringen. Keinen Sermon. Und plötzlich zeigt sich, dass dieser antiquierte, biblische Ausdruck unseren heutigen Gegebenheiten nicht gerecht wird. Deshalb bitte keinen Salmon. An dieser Stelle offenbart sich die ganze Begabung unserer Sprachathleten. Lebensmittel halten häufig für blödsinniges Gelaber her: Kappes, Quark...warum nicht auch Lachs. Doch nicht in seiner deutschen Form, sondern in genialer Rückführung auf die biblische Wurzeln in Latein. Rede keinen Salmon*, Kleingeistiger!

Denn letztendlich kommen wir nur in großen Schritten voran. Es wäre ansonsten bloß der Pfropfen auf den heißen Stein*, der uns im Gegensatz zum Tropfen ermöglicht, die Hitze aus dem Stein zu entlassen und damit vorzubeugen, dass uns jemand wie einen Torhüter auf dem kalten Fuß erwischt*. Sollen die Hüter der obsoleten Sprachgebilde nur versuchen, ihre Hühnchen ins Trockene zu bringen*. Jawohl, ihre Hühnchen. Denn Schäfchen wäre eine übermäßig euphemistische Verniedlichung mittelalterlicher Sprachgebilde.

Wir brauchen den zeitgemäßen Umgang mit Traditionellem, wenn wir nicht wollen, dass die Katze sich am Schwanz dreht*. Man erkennt in dieser Sprichwortvariante, wie die sprachliche Transformation in optimaler Weise auf die nicht vorwärts gerichtete, zyklische Bewegung deutet. Deutlich sinnbildlicher als die sich in den Schwanz beißende Katze. Deshalb brauchen wir die Redensartenreformatoren, um das Überleben traditioneller Werte durch ihre Restrukturierung im aktuellen Kontext zu sichern.

Da muss man energisch bleiben und auch mal in die Tür fallen*, ohne den zeitraubenden Umweg über die Tür zu nehmen, mit der man ins Haus fällt. Und bei Gegenwind ja nicht die Flügel streichen*, wie die Segelfreunde es ausdrücken würden. Denn was wäre Sprache, die nicht lebt? Keinesfalls eine Sisyphos-Frage*. Womöglich eine rhetorische Frage.

*) Hinweis: Es handelt sich bei den gekennzeichneten Passagen um Originalzitate ohne jegliche Bearbeitung durch den Verfasser.