Eine massive Attacke auf dein Ohr

Eindringliche Basslines, Break-, Broken und HipHop-Beats, spärliche Synthies und immer wieder ein Rhodes Piano, das auch nach 50 Jahren Gott sei Dank noch nicht aus der Mode gekommen ist. Dazu das fulminante Organ von Danielle Kranendonk. Das ist Aurora Dee Raynes.
Danielle und Stephen Raynes begannen bereits 2012 gemeinsam zu musizieren und ihrer Liebe zu Jazz und Soul zu frönen. Irgendwann stieß Tristan Williams dazu und das Projekt nahm Formen an. Nun ist endlich das Debütalbum "Invisible things" bei Tru Thoughts erschienen. Und es ist himmlisch geworden. Neun Stücke, die derzeit nur aus London kommen können. Es klingt nach langen Großstadtnächten mit noch verboteten Drogen.
"Invisible things" ist ein Pfund und sollte euch schlappe fünf Pfund für den Download wert sein. Es ist ein Album von großer Modernität, das aber im Kern nicht vergessen hat, was vor 30 Jahren aus London zu uns kam. Fragt eure Omma mal nach Acid Jazz und TripHop.

www.soundcloud.com/aurora-dee-raynes

International Ruhrrevier

Im letzten Jahr haben wir euch Drens präsentiert. Eine fuzzy Garagenrockband mit abgefucktem Gute-Laune-Sound aus dem schwatzgelben Ostpott. Die Jungs waren fleißig im vergangenen Jahr und arbeiteten unermüdlich am ersten Album. Das Debüt soll nun im Mai kommenden Jahres bei Glitterhouse Records erscheinen. Jetzt stellen Drens den Titelsong von "Holy demon" vor.
Und hups, was ist das? Das klingt aber deutlich fetter als im letzten Jahr. "Holy demon" ist ein ausgefeilter Rocksong internationalen Zuschnitts. Eine Üppigkeit, die sich auch im dazugehörigen Clip widerspiegelt. Das mag am neuen Produzent "Zebo" Adams liegen, der bereits den Ösis von Bilderbuch auf die Sprünge half.
"Holy demon" ist schon ein Brett. Klingt aber nicht mehr schön nach Eving und Kevin Großkreutz, sondern eher nach Berlin, Seattle oder Wien. Unverwechselbar? Hm, abwarten.

www.drens.de

Schatz, nimmst du auch einen Cocktail?

Es bewegt nichts, wenn das Ahrtal geflutet wird, Menschen Haus und Hof oder sogar ihr Leben verlieren. Müssen wir deshalb etwa unsere Gemütlichkeit ändern? Nee nee, eine Spende tut's auch.
Möglicherweise hilft die Ironie einer HipHop Band. In diese Kerbe schlägt Neonschwarz. Mit der neuen Single "Hitzefrei" umreißen die Hamburger kurz, knapp und sarkastisch, was uns klimatisch blühen wird.
Das wird der Summer of Sixtynine, allerdings der von 2069. Doch der Rückgriff auf Pophistorie spricht womöglich die saturierten Bürger im fortgeschrittenen Alter an, die im SUV zum verlängerten Skiwochenende nach Südtirol aufbrechen, weil sie ein wenig Langeweile hatten beim vierten Trip in die Agäis dieses Jahr. Auch lädt das musikalische Gewand von "Hitzefrei" ein zum sanften Erinnern, hört es sich doch ein wenig an wie Deutschrap der 90er. Die Best Ager müssen sich also nicht umstellen.
Wünschen wir Neonschwarz, dass sie trotzdem ausreichend nerven mit dem aktuellen Track, der übrigens das kommende Album "Morgengrauen" ankündigt. Ab 25.02.22 bei Audiolith.

www.neonschwarz-music.com

Poppy jazzy funky

Es ist eine besondere Art von R&B, den Poppy Ajudha abliefert. Gut zu hören an der der aktuellen Single "London's burning". Das ist R&B auf der Höhe der Zeit mit Jazz und Broken Beat. Doch vor allem beweist der Song, dass die junge Frau aus London dieses Timbre in der Stimme hat, welches große Soul-Chanteusen schon immer auszeichnete.
Poppy Ajudha startet mit reichlich Vorschusslorbeeren in die Aufwärmphase für ihr Debütalbum. Am Album wirkten gestandene Musiker und Produzenten wie Nubya Garcia, Itai Shapira und Karma Kid mit. "The power in us" soll im März 2022 bei Virgin erscheinen und bereits jetzt ist Barack Obama großer Fan von Poppy. Aber interessiert uns das?
Nein, unruhr ist eher gespannt wie es mit Poppy Ajudha weitergehen wird. Der erste Output ist vielversprechend, lässt aber auch die Gefahr erkennen, in belanglosen Popgedudel zu enden. Also Poppy: Ikone oder doch nur Sternchen?

www.instagram.com/poppyajudha

So eine schöne Band

Portmonee aus Kreuzberg sind eine wirklich schöne Band mit vielen Leuten und echten, geilen Gitarren. Weit weg von den elektronischen Zwei-Personen-Projekten, die seit Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen. Portmonee hat das Debütalbum in der Corona-Krise vorgelegt und wird das zweite Album vermutlich ebenfalls in der Corona-Krise auf den Markt bringen.
Das ist Resilienz und kommt trotzdem nicht ohne den allgegenwärtigen Wahnsinn aus. Hört sich trotzdem sehr gesund an, weil es so schön nach Deutschrock, Krautrock und Poprock anhört. Verzeihung. Ich meinte, auch das neue Album von Portmonee ist Top-Indie-Rock. "Gesichter ohne Menschen" soll am 22.2.22 bei Chateau LaLa erscheinen.
"Perfekte Menschen" ist ein perfekter Song, was Portmonee eigentlich hasst, aber gut kann. Ein flinkes Instrumental jagt die in den Strophen besprochenen Selbstzweifel vor sich her, bis die Zweifel nicht mehr können und wenigsten kurz am Seitenrand pausieren müssen.
Und wenn der Virus irgendwann keinen Spaß mehr an uns hat, habt ihr hoffentlich Spaß mit Portmonee. Überall in der Republik.

www.portmon.ee

Blingbling, hier kommt der Eiermann

Es sind Eruptionen der Kreativität, die Ätna bei ihren Veröffentlichungen flankieren. Vor mehr als drei Jahren stertete das Duo Inéz Schaefer und Demian Kappenstein mit Bauhaus-Pop, Kunst-Clips und exaltierten Klamotten das Projekt Ätna.
Jetzt ist das zweite Album am Start und Ätna pflegen auch damit die etwas andere Art der Popmusik. Mit "Push life" werden sie in den Herzen der anders denkenden Avantgarde ihren Platz behalten, auch wenn  das neue Album einen anderen Twist zu haben scheint als der bisherige Output.
Die erste Single, die für das im April 2022 erscheinende zweite Album eröffnet, ist Dicke-Hosen-Pop. "Trick by trick" erinnert an hochgradig jamaikanisches Bling-Bling, das bei Ätna allerdings ironisch mit Statussymbolen, Ikonen des Reichtums und der Verkörperung des Erfolges spielt.
"Trick by trick" deutet an, dass "Push life" wiederum kantiger Intellektuellen-Pop sein wird, der nicht dazu dient, dein Blättern im Cicero zu untermalen, sondern eher das abendliche Whiskyschwenken mit der James-Joyce-Jubiläumsausgabe.

www.atnaofficial.com