Marr - Express and take shape

MarrIch hab sie wirklich oft verhört - im Auto, zuhause, wieder im Auto - und mich immer gefragt, ob ich dieses Debüt-Album von Marr gut finde. Ich weiß, es ist sehr geistlos, Musik einfach nur gut zu finden, zu sagen: "Hey, das gefällt mir!" Gerade bei Marr fällt einem das schwer, weil man ständig das Gefühl hat, dass Jan Elbeshausen (git, voc), Dennis Becker (git), Andre Frahm (dr) und Oliver Koch (ba) sich ungeheuer angestrengt haben, etwas Bedeutungsschweres zu schaffen, der Musik Tiefe zu geben, Sinn. Das ist ersprießlich und wacker, nur manchmal denke ich dann, sie haben hier des Guten zu viel getan.

Mal bitterböse geschwätzt: Für mich klingt das alles wie das übliche Indie-Geschrammel mit Hardcore-Elementen, das wir auch von Dutzenden anderen Bands kennen. Die Songs suchen immer einen Feldweg zwischen melodiöser Eingängigkeit und etwas verschwurbelter Komposition. Mag aber sein, dass die Stimme von Jan Elbeshausen den Unterscheid ausmacht. Für mich riecht sie übrigens gelegentlich nach Fish, den mittlerweile irgendwie eingemotteten Sänger von Marillion. Seltsame Eingebung, oder?

Überhaupt die Stimme: Das hohe, sehr eigene Timbre ist durchaus erinnerungswürdig, auch wenn viele Passagen etwas kurzatmig klingen. Gelegentlich versucht Jan Elbeshausen sich dann als Shouter, um die krachigeren Arrangements zu tragen, doch dafür ist die Stimme dann etwas zu hager, na ja, positiv formuliert vielleicht auch zu "zerbrechlich". Manchmal überzeugt das - vor allem natürlich, wenn Stimme und Textinhalt miteinander korrespondieren. Manchmal nöselt es, weil die Stimme etwas unwandelbar daherquakt, und man würde die Musik gelegentlich mal sogar lieber instrumental hören. Deswegen ist für mich neben dem herausragenden "Our fashion is your fashion" (10) auch das instrumentale "Aim and missing" (7) das gelungenste Stück.

Ich hatte nach dem Hören immer Schwierigkeiten, mir die einzelnen Lieder ins Gedächtnis zur rufen. Wie ging das noch mal? Welches Stück war das noch mal? Irgendwie geht in der Fülle der Gitarrenriffs und -läufe, Song- und Melodieideen, die Marr hier arrangieren und kombinieren (und das tun sie), das Markante ein wenig unter - auch oder gerade weil das Album normale Länge hat. Weniger in der gleichen Zeit wäre vielleicht mehr gewesen. Vielleicht sind die vier einfach zu kreativ und können sich nicht zügeln.

"Express and take shape" muss man nicht haben, kann man aber hören.

Links:
Marr
Grand Hotel van Cleef

 

Bild: Pressefreigabe