dirk serries „microphonics xi-xv: mounting among the waves, there’s a light in vein. the burden of hope across thousands of rivers“

microphonics xxi-xxv cover_klein2008 erscheint „microphonics i-v“; ziemlich unerwartet, mitten in einer reihe von fear falls burning releases und kollaborationen. und erst nach und nach schält sich heraus, besonders durch äußerungen von dirk serries selbst, dass dieses projekt, dessen erste vö sich gegenüber dirk serries damaligen hauptprojekt und nachfolger von vidnaobmana, fear falls burning, durch seinen musikalisch und soundlich minimalistischeren ansatz sofort unterschieden hat, künftig sein hauptprojekt sein wird.  


musikalisch, trotz nur im detail unterschiedlichen instrumentarium, gegenüber fear falls burning daher wie eine focussierung, auch mit blick auf die tatsache, dass fear falls burning mittlerweile erweiterungen durch kollaborationen und, mit der „frenzy of the absolute“ und dem fear falls burning deluxe-concert zu dieser vö, zu einer art (proto heavy) band geworden war. dirk serries kommentierte diese entwicklung selbst einmal in der art, dass fear falls burning eine art eigenleben bekommen hat, das sich der vollständihen kontrolle durch ihn selbst entzieht. „microphonics“ war daher zu diesem zeitpunkt möglicherweise genau die reißleine, die es für ihn zu ziehen galt, um innerhalb seines musikalischen spielfeldes seine solo-identität neu zu definieren. nur konsequenterweise in diesem zusammenhang das weitere statement, dass „microphonics“ stets soloprojekt bleiben würde...

...und dann natürlich die spannende erwartung, wie sich die nächste „microphonics“ anhören würde. um so erstaunlicher (besonders mit blick auf die taktung der fear falls burning releases zuvor) die erfahrung, dass ein weiteres studiowerk lange auf sich warten lässt. statt dessen begibt sich dirk serries mit „microphonics“ auf so etwas wie eine intensive live-erprobung, wie um die tragfähigkeit in der live-situation zu testen; aber auch als eine art forschungsaufgabe, welche elemente zu „microphonics“ passen mögen. und tatsächlich folgen erweiterungen: die integration von arpeggios und soundliche varianten, die die enge fokussierung des debüts zug um zug, jedoch immer organisch gewachsen erweitern. erstaunlich auch, dass die im zuge dieser umfangreichen live-aktivitäten erscheinenden live-eps bei all diesen erweiterungen des konzepts fast stringend ruhiger werden, meditativ in sich versunken. auch der sound sehr intim, rund; fast still. in der zwischenzeit dann die offizielle beendigung von fear falls burning mit der „disorder of roots“ und die ankündigung des zweiten studioalbums von „microphonics“ für anfang 2013. und ein weiteres mal die frage: wie mag das denn überhaupt klingen? wie eine fortführung der intimen live-eps? oder würde dirk serries elemente von fear falls burning „herüberretten“ und auf das „microphonics“ projekt übertragen?

die antwort ist: keins von beiden. „microphonics xi-xv: mounting among the waves, there’s a light in vein. the burden of hope across thousands of rivers“ ist genauso organische weiterführung wie radikale neudefinition. es ist ein album, das neben der angekündigten luxuriösen verpackung (2x 10“ + buch „cities in grey“ mit fotografien von martina verhoeven, die mit ihren sw-aufnahmen die cover von „microphonics“ und fear falls burning geprägt hat) vor allem musikalisch, d.h. kompositorisch und soundlich punktet: war das erste album ein gespinst flötenhafter sounds mit dem für diese vö prägenden, irgendwie „rollenden“ motiven und waren die eps von meditativer statik beherrscht, so „explodiert“ „microphonics xi-xv: mounting among the waves, there’s a light in vein. the burden of hope across thousands of rivers“ geradezu vor den hörern als ein durch unüberschaubar viele schichten zusammengesetztes monster von album, mit einer durch lautstärke und hall perfekt ausbalancierten tiefenstaffelung. mit klar erfassbaren ersten motiven, die im laufe der stücke ebenbürtige partner bekommen, die sich, und auch das ist neu im hause „microphonics“, soundlich deutlich absetzen. im gegensatz zu den als intuitiv mit der gitarre gespielt erkennbaren motiven stehen damit erstmals auch solche, die wie vielgestaltige texturen unbekannter provinienz erscheinen; fast nur noch für eingeweihte als gitarrenbasiert erkennbar. und genau die einführung dieser texturen und ein für „microphonics“ völlig ungewohnter focus auf osszilierende sounds, distortion und fuzz, sowohl in den tragenden motiven als auch innerhalb dieser texturen lässt diese vö als ein deutlicherer schritt in eine neue richtung erscheinen, als das bei allen gtarrenprojekten von dirk serries bisher möglicherweise der fall war. der große zusammenhalt zum bisherigen werk entsteht dabei weiterhin über das harmonische verständnis, seine art melodien zu entwickeln und gegeneinander zu spielen, harmonische und disharmonischere wendungen aufeinander treffen zu lassen. aber auch diese kompositorische komponente von „microphonics“ wird mit dem neuen album erweitert, besitzen die benannten texturen doch eine harmonische gradlinigkeit, die besonders im kontrast zu ruhigeren motiven des spiels eine ungeheure schubkraft entwickelt, ab einem bestimmten punkt quasi die kontrolle über die stücke übernimmt, diese anfängt zu tragen und mit macht nach vorn zu treiben. zum teil entwickeln sich so harmonische umschlingungen, die die melodien (scheinbar) höher und höher steigen lassen und paradoxerweise trotzdem nie die grenze des spielbar möglichen erreichen.

der mut, einen neuen weg zu beschreiten ohne die eigenen wurzeln und das bisher erreichte zu ignorieren lässt eine platte entstehen, die in dieser form, zumindest von mir, nicht erwartet wurde. auf eine völlig unerwartete weise verlässt „microphonics xi-xv“ auf diese weise die grenzen der intimität und öffnet sich hin zu einem gleißenden himmel neuer möglichkeiten. ein album für 2013, das in seinem genre schwer zu toppen sein wird; vermutet. sehr empfohlen.

schöne grüße

N

www.microphonics.be

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