vidnaobmana "chasing the odyssee"

vidnaobmana_chasing_the_odysseevidnaobmana: ich wusste schon lange, dass es dieses projekt gibt (und nun, seit längerem, nicht mehr). wer dahinter steckt(e), um welche art von musik es sich handelt: keine idee (und: offensichtlich hatte ich stets den anstoß verpasst, daran etwas zu ändern). ganz anders bei fear falls burning: hier durch diese art von ganz speziellem zufall veranlasst, die begleitung von anfang an und eben auch die info, dass es sich dabei um das nachfolgeprojekt von vidnaobmana handelt; ebenfalls als soloprojekt von dirk serries angelegt, musikalisch allerdings klar abgesetzt, nicht zuletzt durch den wechsel des hauptinstruments. und irgendwann dann wieder die frage: was hatte es mit vidnaobmana überhaupt auf sich? dass vidnaobmana rund 23 jahre aktiv war, vereinfacht das ganze nicht; schwierig, referenzalben zu nennen (ohne, wie ich zu diesem zeitpunkt, eine übersicht zu haben), die als zugang zur welt von vidnaobmana dienen könnten.

gleich zwei boxen, die sich irgendwie mit dem anspruch verbinden, die musik von vidnaobmana (zumindest ausschnitthaft) repräsentativ zusammenzustellen ("testament of tape", vinyl on demand, in bezug auf frühere industrial wurzeln und hier, "chasing the odyssee", tonefloat, mit dem "zentralen werk") kommen da natürlich zu recht (und zu hilfe).

 

und zeigen eine geradezu verblüffende entwicklung auf. vidnaobmana hat sich, ausgehend von seinen geradezu typischen (dazu später und an anderer stelle mehr) "industrial" beginn hin zu immer komplexeren werken entwickelt: sicherlich auch mit starken repetetiven elementen versehenen, hinsichtlich der instrumentierung (die im opulenten, von charles beterams mit fotos von martina verhoeven gestalteten und ausführlichen begleitworten von tobias fischer eingeleiteten und eingeordneten 12" großen booklett benannt wird) aber weit ausholenden kompositionen, die sich soundlich in ein oft perlendes, offenes hörbild ordnen. komplex, ohne in selbstzweckmäßige musikalische fingerübungen zu verfallen. ambient und atmosphärisch, jedoch nie das endlose reiten auf einem motiv oder sound; vidnaobmana musikalisch einzuordnen fällt definitiv deutlich schwerer, als es bei allen nachfolgeprojekten von dirk serries der fall ist.

ein weiterer grund dafür mag die atmosphärische vielgestaltigkeit sein, die, zumindest für meine ohren, die deutlich darkeren bereiche von den späteren fear falls burning zwar nie gemieden hat, dabei jedoch auch immer offenere, hellere stimmungen entwickeln konnte: durch den sound an sich, durch die verwandten harmonien, vielleicht auch durch den spielerischen gestus; mit sicherheit durch die bereits benannte instrumentale offenheit und deren klangfarben. und doch, die entwicklung von vidnaobmana, zumindest wie hier, auf "chasing the odyssee" ausschnittweise nachgezeichnet, zeigt fast logisch (wenn kunst denn solchen parametern folgt, folgen kann oder will) die entwicklung zu dem späteren, enger focussierten werk von dirk serries auf: "reflecting on scale iv", ein teil der "opera for fusion works", mit kenneth kirschner am (soundprägenden) piano ist aus heutiger sicht bereits so sehr fear falls burning (durch dirk serries gitarre in sound und spiel), dass es (ebenfalls aus heutiger sicht und ohne das wissen um vidnaobmana) fast wie ein kenneth kirschner remix von fear falls burning aufgefasst werden könnte. vielleicht ist "opera for fusion works" damit ein guter, möglicherweise der beste einstieg für rückwärtseinsteiger: mit minimalistischer haltung, deutlich focussierter (ohne dass das vorangegangene sich etwa in detailverliebtheit verfangen hätte), mit starker repetetiver haltung und instrumentaler begrenzung.

mit "the dante trilogy" wird im folgenden auch das neben der "opera for fusion works" zweite, späte mammutwerk von vidnaobmana berücksichtigt, das wiederum stärker rhythmisch fliessende patterns in den vordergrund stellte. und mit blick auf das mittlerweile angekündigte ende von fear falls burning stellt sich damit das gefühl ein, dass dirk serries bereits in seiner vergangenheit "zielstrebig" auf einen (selbst gefühlten? selbst gewählten?) kulminationspunkt hingearbeitet hat, nach dem innerhalb der jeweiligen künstleridentität dann (zumindest aus seiner sicht) alles gesagt war. zumindest aus meiner sicht kann z.b. "frenzy of the absolute" von fear falls burning die rolle eines solchen (späten) mammutwerks übernehmen... und es bleibt abzuwarten, mit welchen gesten das noch ausstehende finale album aufwarten wird...
die beiden abschließenden platten der box schließlich runden die übersicht über vidnaobmana mit sehr gut klingenden livetracks aus unterschiedlichen phasen und zwei exklusiven remixen seitens justin k. broadrick bzw. final ab. perfekt.

das klingt jetzt zu musiktheoretisch / analytisch? vielleicht. aber, ganz profan, mit blick auf den kampfpreis, für den tonefloat diese 8-lp box plus booklett anbietet: eine eigene prüfung sollte im rahmen der möglichkeiten vieler liegen. es lohnt sich. einzige voraussetzung: für vidnaobmana erscheint es angebracht, mehr "open-mind" mitzubringen, als in bezug auf die bekannten nachfolgeprojekte. nicht weil diese spannungsärmer oder eindimensionaler wären. eher, weil sie mit der "neuen" instrumentalen focussierung (vordergründig?) einfacheren halt und schnellere rezeption bieten ...und die gitarrenleute sind da ja immer ein wenig eigen; hörer wie spieler. aber, tobias fischer linernotes aufgreifend: ein besseres kompendium durch 23 jahre vidnaobmana (mit dem focus auf die post-industrial-years) ist schwer vorstellbar.

schöne grüsse

N

www.vidnaobmana.be

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