Auf der Schwedenwelle der letzten Jahre wurden sie an unsere Küste geschwemmt: die Stompin' Souls. Im Schatten ihrer berühmten Landsmänner von Mando Diao und The Hives und immer wieder mit Vergleichen zu diesen konfrontiert, haben sich die sechs Nordmannen aus Stockholm in Deutschland mittlerweile trotzdem eine kleine, aber treue Fangemeinde erspielt.
Hierzulande sind sie bekannter als in ihrer Heimat und können sich vielleicht auch deswegen gut mit einem unserer geistigen Vorväter identifizieren, der da einst sagte: "Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen." Denn ihr erst vor Kurzem erschienenes zweites Album "Silhouettes" will so gar nicht mehr an den garagenrockigen Erstling "...And It's Looking a Lot Like Nothing at All" erinnern. Poppiger, balladiger und emotionaler kommt es daher.
Um ihre neuen Songs und Haarschnitte vorzuführen, touren die stampfenden Seelchen derzeit durch unsere Lande, was uns dazu veranlasste, die Gelegenheit beim gekürzten Schopfe zu ergreifen und uns mit Thomas Carlsson (Gesang) und Emil Nilsson (Keyboards) über musikalische Emanzipation, anspruchsvolle deutsche Fans und bauliche Veränderungen in ihrem Proberaum zu unterhalten.
Es gibt euch also doch noch! Das letzte Mal, als wir uns unterhalten haben, hast du geunkt, dass es euch vielleicht nicht lange geben wird, Thomas.
Thomas: Das hab ich gesagt? Damit meinte ich wohl, dass man nie weiß wie lange man als Band überlebt. Es kommt drauf an, ob man das Geld und die Zeit hat.
Es scheint, als hättet ihr Zeit, denn ihr habt vor Kurzem euer zweites Album "Silhouettes" herausgebracht und das schon eineinhalb Jahre nach eurem Debüt. Wie habt ihr das geschafft?
T: Wir haben weiter gearbeitet, weiter Lieder geschrieben.
Emil: Es war schon sehr schnell, aber das liegt daran, dass ihr Deutschen jedes Jahr ein neues Album haben wollt. (lacht) In Schweden können Bands alle drei Jahre ein Album veröffentlichen, das ist genug. Aber hier muss man ständig was Neues rausbringen. Aber das ist gut, es macht Spaß. Es ist schön, gezwungen zu werden, so schnell eine neue Platte zu machen. Das ist gut für die Stimmung in der Band.
T: Jetzt haben wir schon zwei Alben und können damit auch in Schweden eine gute Show abliefern. Viele sind sicher überrascht, wenn sie hören, dass wir in Schweden als Newcomer gesehen werden.
Also seid ihr in Deutschland immer noch bekannter als in Schweden?
E: In Schweden sind wir noch nicht so oft aufgetreten. Ich weiß auch nicht genau, warum wir uns nicht mehr auf Schweden konzentriert haben. Dort ist es auf jeden Fall schwieriger zu touren, weil es weniger große Städte gibt, in denen man auftreten kann. Daher ist es schwer, sich damit seine Brötchen zu verdienen. In Deutschland macht es außerdem mehr Spaß.
T: Das ist wahr. Und es ist auch etwas "exotischer" als in Schweden, obwohl es dort recht ähnlich ist. Aber hier gibt es eben mehr Städte...
E: ...und es kommen mehr Leute zu unseren Shows.
Du hast gerade gesagt, dass es schwierig ist, davon zu leben. Habt ihr denn immer noch eure regulären Jobs?
E: Ich arbeite ja als Musiker für viele andere Bands. Ja, es ist immer noch schwer, sich nur durch die Stompin' Souls zu finanzieren.
T: Aber darauf arbeiten wir natürlich hin.
Lasst uns über euer neues Album sprechen. Es ist sehr unterschiedlich zum ersten. Ich hatte zwar noch nicht die Gelegenheit, das ganze Album zu hören, aber die Songs, die ihr bei MySpace hochgeladen habt, klingen doch ganz anders als die von "...And It's Looking a Lot Like Nothing at All". Das letzte Mal habt ihr euch darüber beschwert, ständig mit Bands wie The Hives oder Mando Diao verglichen zu werden. Ich finde, dafür gibt es jetzt wirklich keinen Grund mehr. Wie kam es zu dem Umschwung?
E: Vom Sound her ist es viel besser. Dieses Mal haben wir das erste Mal mit einem Produzenten (Martin Konie Ehrencrona, Anm. d. Red.) gearbeitet. Er hatte einige großartige Ideen, die uns sehr gefallen haben. Wir wollten auch weg vom 60er-Garagen-Rock-Sound, der hat uns einfach nicht mehr gefallen. Das haben wir zwar vorher gemacht, aber keiner von uns war davon noch richtig begeistert. Es macht viel mehr Spaß zu arbeiten ohne beim Schreiben der Songs ständig daran zu denken: Ja, das ist Rock. Wir wollten einfach eingehende Melodien.
Es geht auch viel mehr in Richtung Pop als Rock. Wo habt ihr denn die Orgel gelassen?
E: (lacht) Wir haben sie schon noch bei vielen Songs dabei, aber anders, als wir sie vorher verwendet haben. Wir lieben Bands wie Mando Diao, aber wir haben diesmal versucht uns zu fragen: Wie würden es Mando Diao nicht machen und das dann umzusetzen.
T: Wir hatten ursprünglich einen Song auf dem neuen Album, der klang, als sei er von Mando Diao. Den haben wir dann aber doch ganz anders gestaltet.
E: Die machen das gut, also überlassen wir es ihnen.
Letztes Jahr habt ihr über den Hype gesprochen, der gerade um schwedische Bands gemacht wird. Findet ihr auch, dass der mittlerweile abgenommen hat?
T: Viele Bands touren in Deutschland und nicht nur schwedische. Es wirkt so, als hätten die Deutschen uns ein wenig über. Vielleicht stimmt das auch nicht und sie bekommen nie genug von uns Schweden, aber im Moment fühlt sich das ein bisschen so an.
E: Es gibt keine Nische mehr, die man besetzen könnte. Viele Rezensionen lesen sich, als hätten die Verfasser unsere Musik nie angehört: "Ach, schon wieder eine neue schwedische Band..."
Ich habe aber ein paar ziemlich gute Besprechungen gelesen.
E: Ja, viele sind auch gut, aber es gibt da so einen Typen, der generell etwas gegen schwedische Bands hat. Es ist verdammt schwer, so jemanden zu überzeugen.
Außer, dass ihr euren Zweitling veröffentlicht habt, was habt ihr denn sonst so im vergangenen Jahr getrieben?
T: Wir waren eine Zeit lang getrennt nach unserer letzten Tour...
E: Wir waren auch mit Friska Viljor auf Tour und haben kleinere Festivals gespielt. Aber dann haben wir uns mal eine Auszeit genommen und getrennt voneinander neue Lieder geschrieben.
T: Das lief sehr gut! Als wir für das neue Album geprobt haben, haben wir auch ein paar Songs im Proberaum geschrieben., und es fühlte sich sehr gut an, eine neue Stimmung in die Lieder zu bekommen. Ich glaube, es war gut, dass wir uns mal eine Zeit nicht gesehen haben.
Euer Proberaum, ist das eigentlich immer noch der alte, zugige Keller?
E: Ja, aber die haben irgendwas gemacht, und jetzt ist es tatsächlich warm. Und wir haben neuerdings auch eine Toilette.
Wie genau lief das dann mit dem Songwriting? Ihr habt also alle getrennt voneinander geschrieben und dann die Ergebnisse irgendwie zusammengebracht?
T: Hauptsächlich schreiben Emil und ich. Er hat eine Melodie und wir bauen dann einen Song drum herum. Oder ich habe die Idee zur Melodie.
E: Marcus hat einen Song vom neuen Album komplett alleine geschrieben. Sonst hat einer die Idee für eine Melodie und stellt sie den anderen vor. Die versuchen dann, einen Weg zu finden, sie zu spielen. Jeder ist also in den Prozess eingebunden. Zumindest, was das Arrangement angeht.
T: Aber um Melodie und Refrains kümmern hauptsächlich wir beide uns.
Gibt es auch bei den Texten eine Veränderung? Schreibt ihr jetzt über andere Sachen als noch vor einem Jahr?
T: Ich habe fast alle Texte auf dem neuen Album geschrieben und wollte, dass sie persönlicher sind. Einige Texte auf dem ersten Album drehten sich um Einstellung oder Verhalten, dieses Mal wollte ich darüber schreiben wie ich mich fühle. Nicht immer sehr direkt, aber sie sind doch persönlicher.
Was können wir im nächsten Jahr von euch erwarten? Noch ein Album?
T: Ja, auf jeden Fall! Wahrscheinlich werden wir wieder mit Konie zusammenarbeiten.
E: Hoffentlich!
T: Wir denken auch drüber nach, ob die Songs tanzbarer werden sollen. Das ist zwar nur ein Gedanke, aber man weiß nie, wo man landet. Ich mag die Richtung, in die wir uns gerade entwickeln.
E: Wir wollen einfach nicht irgendwo stehen bleiben, in einem bestimmten Genre. Wir wollen das machen, wonach wir uns fühlen.