Ein trauriger Tag - Lee Scratch Perry ist tot

schwarzsehenAm Sonntag, dem 29.08.2021 verstarb Lee Scratch Perry. Der Mann, der dem Reggae zu jeder Zeit neue Impulse gab, ist 85 Jahre geworden. Sein Leben endete in Jamaica, wo Perry geboren wurde, und in das erst zu Beginn des Jahres zurückgekehrt war, nach dem er viele Jahre in der Schweiz lebte.

Zur Erinnerung veröffentlichen wir noch einmal unsere Rezension zu seinem letzten vollständigen Album von 2019, in der wir bereits ahnten, dass die Musikwelt nicht mehr viel Neues vom Genius des Reggae hören wird.

leeperry rainfordRainford Hugh Perry. Ja.

Die eingefleischten Perry-Fans wussten es schon lange. Der Mann, der sich seit Jahrzenhnten hinter Pseudonymen wie Scratch, Super Ape, Upsetter oder Pipecock Jackxon verschanzt, heißt in Wahrheit Rainford Hugh Perry. Mit seinem neuen Album "Rainford" gibt Lee Scratch Perry das nun offiziell bekannt. Dazu nennt er auch die Namen seiner Eltern und bekennt sich zum Niederbrennen seines legendären Black Ark Studios in Kingston Ende der siebziger Jahre. Alles im letzten Stück "Autobiography of the Upsetter". Das ist eine ganze Menge Offenbarung.

Passt aber zu "Rainford". Dieses Album ist ebenfalls eine Offenbarung. Ohne Zweifel hat der inzwischen 83-jährige eine Menge Schrott in seiner urlangen Geschichte als Künstler veröffentlicht. Aber unbestritten auch sehr viel Großartiges. Mitunter Legenden des Reggae und der gesamten Pop- und Rockmusik. Und an die großen Werke knüpft "Rainford" an.

Man darf darüber nachdenken, ob das primär am Opa Upsetter liegt oder an Adrian Sherwood als verantwortlichem Produzent von "Rainford". Der liefert nämlich einen überragenden Sound ab, den er mit einigen alten Weggefährten seines inzwischen ebenfalls legendären On-U-Labels produzierte, wie beispielsweise Skip McDonald und Douglas Wimbish.

In Kombination mit Sherwoods Klängen schwingt sich Perrys geniales Gebrabbel zu neuem alten Glanz auf. Dieser markante Singsang, dessen Deutung schon immer alle Facetten zwischen schwachmatischer Stammelei und hintersinniger Weltendeutung umfasste, aber zusammen mit großen Dubsounds seit jeher für rauchunterstützte, wahre Erkenntnis sorgt.

Sherwoods Klangteppich aus extra rollenden Bässen, akzentuierten Bläsern, großartigen Frauenstimmen und abgedrehten Sounds lässt die erneute Zusammenarbeit mit dem Dubmeister Perry zu etwas Besonderem werden. Das gipfelt in dem schon angesprochenen Track "Autobiography of the Upsetter". Hier schafft Sherwood, was viele vor ihm erfolglos versuchten: Den einzigartigen Sound der damaligen Black Ark Studios in nie dagewesener Echtheit zu reproduzieren und angemessen neben Lees Lebensgeschichte zu platzieren.

So wirkt "Rainford" wie ein Vermächtnis vom aufsehenerregenden Lee Scratch Perry, das man mit einer Träne im Knopfloch und einer dicken Zigarette in der Hand genießt, in der Hoffnung, es möge nicht die letzte Äußerung in der diesseitigen Welt sein von Rainford Hugh Perry. Ja.

Erscheinung: 2019 (31.05.)
Label: On-U Sound
www.lee-perry.com