Konzepttrainer h. c.

vflpuzzle1Ich bin Konzepttrainer, ruft der Mann mit den dünnen Beinen. Ich bin Konzepttrainer!

Anlass dieses kräftigen, narzisstischen Ausrufs war das späte Ausgleichstor des VfL Bochum gegen den Aufsteiger aus Darmstadt. In der 94. Minute erzwang die Revierelf nochmals einen Freistoß etwa 30 m vor dem gegnerischen Tor. Und Peter Neururer, den manch einer als Trainer des VfL Bochum bezeichnet, beorderte seinen Torwart in den Strafraum der hessischen Gäste. Eine meist hilflose Maßnahme, die seit Jahrzehnten in den Stadien dieser Welt bei ähnlichen Spielkonstellationen praktiziert wird.

Der Keeper Luthe erreichte aufgrund maximaler Verwirrung der Gäste und seiner beachtlichen Körpergröße tatsächlich den Ball per Kopf und servierte diesen derart perfekt in die gefährliche Zone, dass selbst meine Omma das Tor gemacht hätte. Der Schiedsrichter pfiff umgehend ab.

Trainerguru Neururer stellte sich vor die Mikrofone und sagte den eingangs erwähnten Satz: Ich bin Konzepttrainer. Und als solcher überrasche ihn das Tor nicht. Schließlich studiere er solches tagtäglich beim Training ein. Er sei halt Konzepttrainer.

Nun wird deutlich: Wenn das Beordern des Torhüters in die Stürmerregionen des Spielfeldes in den letzten Spielminuten bereits Konzept ist, versteht man, weshalb der VfL Bochum weiterhin in archaischen Formen des Fußballspiels verhaftet bleibt. Hält man solche Selbstverständlichkeiten des Fußballspiels für Konzeptstrategien, wird es dabei bleiben, dass konzertiertes Verschieben von Mannschafsteilen, Pressing und Gegenpressing, variable Spieleröffnung Dinge sind, die man im Stadion an der Castroper Straße weiterhin nur beim Gegner sehen wird.

Die dramatische Schlussaktion am letzten Wochenende ließ den Anhängern des VfL das wütende Pfeifen buchstäblich im Halse steckenbleiben, das sich die Spieler ansonsten verdientermaßen hätten abholen müssen. Schließlich haben sie den Zuschauern 94 ernüchternde Minuten geboten, die im sechsten 1:1 im sechsten Heimspiel der Saison gipfelten. Das ist zumindest Zweitligarekord, wenn auch ein trauriger.

Man fragt sich, ob der Verein intern diskutiert (fußballerisch: Internas), dass diese mehr als magere Heimbilanz aus der taktischen Tristesse beim VfL resultiert, die nirgends sonst in deutschen Erst- und Zweitligastadien zu sehen ist. Oder überzeugt der selbstverliebte Konzepttrainer die Führungsgremien des Klubs immer wieder auf's Neue? In Schalke hat man aus geringfügigeren Gründen Konzept und Trainer in Frage gestellt und anschließend branchenüblich gehandelt.