Der Reggae spiegelt die kulturelle Entwicklung Jamaikas der letzten 500 Jahre exemplarisch wieder. Die Musik beruft sich auf die gleichen Einflüsse wie die heutige Kultur Jamaikas.
Die Wurzeln reichen weit zurück. Die Geschichte des Reggae beginnt mit den ersten Sklaven, die zu Beginn des 16. Jh. aus ihrer afrikanischen Heimat unter unmenschlichen Bedingungen nach Jamaika deportiert wurden. Die afrikanische Trommel-Musik war zumeist die einzige Verbindung zur Heimat, die den Sklaven blieb. Meist handelte es sich um religiös motivierte Kulthandlungen, die von Trommeln begleitet wurden wie Myrial, Jonkonnu und Kumina. Sie mischten sich im Lauf der Zeit mit von Missionaren verbreiteten christlichen Elementen. Es entstand u. A. der Pocomania-Kult. Im 19. Jh. verbreitete sich im Zuge der Sklavenbefreiung eine eher weltlich orientierte Trommel-Musik: Burru. Sie sollte zu einem Eckpfeiler des Reggae werden.
Parallel zu Burru entwickelte sich auf den benachbarten karibischen Inseln eine Art von Karnevalsmusik, die europäische Volksmusik mit afrikanischen Elementen verband. Auf den Inseln gab es unterschiedliche Spielarten. Allen voran Calypso auf Trinidad, Rumba auf Kuba, Merengue auf Hispaniola. Auf Jamaika entwickelte sich Mento: Es war Eckpfeiler Nr. 2 des Reggae.
Das Radio brachte zu Beginn der 1950er Jahre das dritte wesentliche Element des Reggae nach Jamaika. Zu dieser Zeit konnten auf Jamaika mit kleinen Transistorradios amerikanische Sender aus Florida empfangen werden, die Tag und Nacht Rhythm and Blues spielten. Eine Musik, die unter jungen Leuten dem Mento und Calypso schnell den Rang ablief. Zehn Jahre später war es in den USA vorbei mit dem R’n’B und Jamaika litt unter Entzugserscheinungen. Es musste neue Musik her. Aus R’n’B und den karibischen Elementen zauberte man einen extrem tanzbaren Sound. Es war die Geburtsstunde des Ska. Eine Musik, die in Europa eigentlich erst 20 Jahre später richtig bekannt werden sollte, durch das Ska-Revival der späten 70er in England mit Bands wie The Specials, Selectors, Bad Manners, Madness etc. Mit dem Ska begann die eigenständige Musikproduktion auf Jamaika (Sound Systems und Produzenten).
Etwa 1966 wurde der Ska-Rhythmus verlangsamt, der Bass stärker betont und die Bläsersektion nur noch spärlich eingesetzt. Das ganze nannte man nun Rocksteady, der direkte Vorläufer des Reggae. Dieser neue Sound hielt sich etwa 2 Jahre und ging nun mehr oder minder fließend in den Reggae über. Der Rhythmus wurde wieder etwas beschleunigt, der Bass dominierte und die rhythmisch verschobenen (synkopierten) Elemente wurden stärker. Ein Song von Toots & The Maytals gab dem neuen Sound seinen Namen: Do the reggay.
Um Herkunft und Bedeutung des Begriffs Reggae ranken sich die Legenden. Manche behaupten, er leite sich von „raggamuffin" (ugs., in etwa Rumtreiber, Nichtsnutz) ab, andere meinen, es kommt von „streggae" (ugs. für Hure, Nutte), oder „ragged" (zerlumpt, abgerissen oder auch stümperhaft) sei der Ursprung.
Jedenfalls hat sich seitdem der Reggae einen Namen gemacht. In den den etwa 45 Jahren seit seiner Geburt hat diese Musikrichtung eine fast unüberschaubare Anzahl von Stilen hervorgebracht. Und die Innovation nimmt kein Ende. Reggae war und ist maßgeblich an Neuerungen in anderen Musikrichtungen beteiligt (Dub, Deejays und Dub Poetry).
Anders als bei uns ist der Reggae auf Jamaika keine Musik, die ihre Zuhörerschaft überwiegend aus jungen Leuten rekrutiert. In seinem Heimatland werden die Hits von allen Generationen gehört, gepfiffen, gesummt und gesungen. Eine Volksmusik in der reinsten Bedeutung des Wortes.
weitere Reggae-Schwerpunktthemen bei unruhr:
Sound Systems und Produzenten
Dub, DeeJays und Dub Poetry
Rastafari
Bob Marley
Reggae in Germany
Disco-/Bibliographie
Links