begegnung mit tieren 1

bild begegnung mit tieren 1sie sind amüsant, sie sind neugierig. wenn sie laufen, wippen ihre hälse. ihre körper gehen nach links, nach rechts. es sind schwere körper. aber das stört sie nicht. ich werfe ihnen brotkrumen zu. sie stürzen sich drauf und fressen bis nichts mehr übrig ist von den krumen. meine tüte ist leer. aber sie bleiben. sie wachen und warten auf den nächsten krümelbatzen. ich sage nein, meine tüte ist leer. ich habe keine brotkrümel. aber sie kapierens nicht. ich steige auf einen baumstumpf und nehme einen ast.


sie werfen ihre hälse vor und rücken heran. ich schwinge den ast. sie gaffen. ich muss bedrohlicher wirken. ich haue jetzt wild in der luft herum. und schreie: verpisst euch, verschwindet, ich schlag euch den schädel ein. aber sie verstehens nicht.
also leg ich den ast wieder weg und hole nochmal den beutel raus und schüttle demonstrativ über ihre köpfe hinweg: seht her ihr langhälse: nix drin absolut nichts. ein paar krümel kommen dann doch noch heraus. sie wackeln wieder los, auf die fast unsichtbaren krümel zu. sie schnappen nach den anderen. beißen, reißen den mitsuchenden ganze büschel federn aus. hört auf, da is nix. schluß, aus, finito, nix mehr im beutel also ...
ich nehme wieder den knüppel auf und haue auf einen schädel, der einen ganzen schwanz im schnabel hat. du sau, was ist das für ein scheiß benehmen, lass das; wegen so ein paar krümeln. der hat aber irgendwie einen stein als kopf und lässt trotz mehrmaligem zuschlagen nicht los. ich lasse wieder ab und versuche andere zu befreien, schlage links und rechts zu; das hilft aber leider wenig; die sind alle irgendwie ineinander verkeilt, verhakt ver... links verknoteten sich hälse. daneben siehts kaum besser aus. ein kopf steckt im fremden hals. es ist einfach sinnlos weiter draufzuhauen. gibt es andere möglichkeiten sie aufzuhalten ...? mensch, ich muss zum bäcker. wo ist der nächste bäcker? habe ich noch geld? ich habe kein geld. der nächste bäcker …?

los, los, sieh zu, das du fertig wirst, alle brötchen und alle brote die du noch hast in den sack da, los, oder brauchst du noch einen tritt in den arsch. meine strumphose über meinem kopf juckt. ich hätte sie gestern waschen sollen. na, egal, zu spät. aber keinesfalls kratzen jetzt, sage ich mir. das wird sofort als schwäche interpretiert. na, was jetzt ... immer noch nicht fertig? so, die drei brote packst du da noch ein und dann den sack her zu mir. wird’s bald.
merkwürdiges gefühl ich habe immer noch die strumpfhose überm kopf, nehme mir aber keine zeit sie abzunehmen. über schleichwege ziehe ich den sack hinter mir her. hoffentlich sieht mich niemand, dass könnte unangenehm werden. oder noch schlimmer, man könnte versuchen mich aufzuhalten. und die langhälse werden sich inzwischen bis auf die knochen zerlegen. es passiert aber nichts. ich bleibe alleine auf dem weg bis zum teich.
ich stelle meinen sack ab. sie glotzen mich an. zumindest ein paar, die gerade keinen ihrer kollegen im hals haben oder sonstwie ineinander verstrickt sind. bin ich ihnen in so kurzer zeit fremd geworden. aber da fällts mir wieder ein und ich ziehe die strumpfhose vom kopf. somit müssten alle unklarheiten beseitigt sein und ich mache mich daran, brot und brötchen aus dem sack zu holen. ich werfe das zeug auf die erde und zerstampfte alles mit den füssen. mundgerecht zerkleinert, werfe ich es in alle himmelsrichtungen. das wars dann, die hälse entknoten sich. köpfe werden aus halsschläuchen entlassen. schwänze können wieder freizügig wackeln. sie rennen jetzt ihre hälse nach vorne geworfen auf die brotkrumenwiese zu. hey, macht langsam, es ist für alle genug da.

Text und Bild: Ilka Berger