20110228

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Die Putzfrau liegt bei NACHT übrigens NICHT auf ihm. Aber der Kopf schaut Richtung Fenster, und »ich liebe Sie!« ist nicht gelogen. Oder »Schlaf wäre ein Ausweg ...«. Wenn das Fallbeil niederkracht, dann, ja DANN schläft man. Ewiger Schlaf, aber nicht das, was ich mit einem AUSWEG meine.
»ICH WILL HIER RAUS!« schreie ich, aber wenn ich das zu oft mache, kommt jemand und fesselt mich ans Bett. Ich will hier raus, denkt der Mann, denken ist gut. Ich will abspringen. Ich muss den Gnom fragen, was er weiß.

Der Gnom musiziert. Er hat die Erlaubnis, im Keller (im Keller, wo ich ...? Nein, nicht in DEM Keller, nur eine Kammer, wo Tische und Stühle lagern), zu proben. Zusammen mit Dr. Friedrich Gans, dem KUNSTFEHLER. Irgendwas mit bei der OP die Venen vertauscht und Anwälten der Familie des OPFERS usw.. So schnell ist man hier. Endstation Sehnsucht. In seinem Fall: Nie war Friedrich glücklicher! Die Todeszelle ist sein Nordseestrand aus der Bierwerbung. Nur diese monatlichen Besuche von Frauundkinder machen ihn kaputt. Dann hat er seine Tage, wird zum Kotzbrocken, aber in den Wochen dazwischen: genial an der Gitarre. Auch jetzt.

Das Fenster ist auf und ich höre leise Musikversuche. Aus dem Kellerfenster. Und Lachen. Die beiden sind ihr bestes Publikum. Nichtmal Anstaltskonzerte geben sie. Treffen sich im Keller und erzeugen einen immer größer werdenden Kosmos aus Klängen. AUF FESTPLATTE. Sie spielen sich förmlich selbst in ihre Aufnahmegeräte hinein. Jetzt fehlt nur noch der UNVERGÄNGLICHE KUPFERSARG (am Ende aller Tage, wenn alles vergangen ist, wenn der letzte Mensch verwest, der Beton zersetzt, der Stahl verrostet, der Asphalt zerbröselt und sogar alles Plastik von den noch nicht entstandenen, aber zu erwartenden Plastikfresserbakterien in CO2 umgewandelt worden ist, dann werden DIE TOTEN AMERIKANER aufschwimmen. Die reichen Amerikaner, die sich in Kupfersärgen beerdigen lassen, die darin zu Sargsuppe und Gas verwesen, Gas, was die Särge leichter als Wasser macht, und wenn die GROSSE FLUT die Welt umspült, dann wird nichts an DEN MENSCHEN erinnern als die obenauf schwimmenden Kupfersärge. Vgl. Alan Weismann: Die Welt ohne uns); im einzigen unamerikanischen Kupfersarg die gespeicherten Töne von Friedrich und dem Gnom.

Ein ferner Außerirdischer, der die Muße hat, ALLE SÄRGE zu öffnen, »Boah, wat stinkt dat!«, wird sich unweigerlich über den Geist freuen, der in DIESEM SARG haust. Und während er die anderen Särge im Ozean auswäscht (jetzt aber wirklich: Ami go home!), wird er, der Technischhochüberlegene den Gnom und den Friedrich wiederauferstehen lassen. Als rematerialisierte Musik.

Der Außerirdische (oder Gott, wer weiß?) sitzt dann BIS IN ALLE EWIGKEIT in seinem Außerirdischen-Jazz-Klub an einem Außerirdischen-Bistrotisch, trinkt Außerirdischen-Bier und schaut auf die Außerirdischen-Bühne, auf der DIESE GÖTTLICHE MUSIK spielt, und in den Pausen sitzen Gnom und Friedrich bei ihm und man quatscht über das All und die Welt und das geht immer und immer so weiter, weil man nicht mehr stirbt bis auf das Universum an sich, das kalt wird und sich in Schwarzen Löchern vergeht, aber auch dagegen wird der Außerirdische / Gott ein Mittelchen haben.

Soll ich ein Instrument lernen? Dann wäre auch ich mit am Tisch ...
Der Mann wird sentimental.


Kommentar der Putzfrau: »Heul doch!«