Die Spieluhr

dsc02862_spieluhrDie Spieldose, die sich rettete auf dem Sperrmüllhof, da, wo man entsorgt, wo alle Entledigungen enden, in der monumentalen Presse, neben Guillotine und elektrischem Stuhl, winzig neben den malmenden Mäulern mit Lippen aus Blech, stumpfen Hauern, Ölschläuchen und Kurbelwellen; Mäulern, die nie aufhören zu fressen.

Einen Lärm machen sie, der bis in unsere Zellen dröhnt und jede, jede Nacht zum Tage macht, einen LÄRM, um uns Mörder und Möbel zu Staub zu zerreiben, zu jungfräulichem Staub, der auf den Feldern versprüht wird, dass die Ähren reifen und die Saat des Bösen wieder und wieder aufgeht im ewigen Kreislauf der Schuld.

Die Spieluhr fiel auf den Asphalt.

Eine kleine, blau lackierte Blechdose mit weißem Rosenornament, an der Seite eine drehbare Kurbel, innen, sich spiegelnd in den Messingwänden: die Walze. Letztere ein winziges Ebenbild der brutalen Presse, ein Walzlein, dessen Zähnchen einst Mozarts Nachtmusik spielten.

Die Spieluhr unten da auf dem Asphalt, zwischen Reifengummi und hastigen oder schwer tragenden Stiefeln, war längst kaputt, hat schon lange nicht mehr gespielt, aber jetzt, beim Stampfen im Tonnenmaul, wo Koffer, Fahrräder und Tische und Stühle bersten, jetzt spielt sie wieder, von ganz alleine, dreht sich und singt und spielt im ohrenbetäubenden LÄRM, spielt und spielt und spielt als ginge es um ihr Leben ...

... wird gehört ...

... und überlebt.



Kommentar der Putzfrau:
»Gedöns. Ab in die Tonne ...«