Indie-Perle aus dem großen Dorf

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Missent To DenmarkSteckbrief

Name: Missent To Denmark
Ort: München
Mitglieder: Stephan Gillmeier (Gesang, Gitarre, Keyboard), Robert Meier (Bass), Nicolas Sierig (Schlagzeug), Marcus Graßl (Gitarre)
Stil: Indie-Pop
Mein erster Eindruck: Eine warme Decke an einem verregneten Herbstabend
Anhörtipp: In My Room, Weather Forecasts Will Lead Us
Erinnert an: Nada Surf, Kashmir

Nachgefragt

Erzählt doch mal, wer ihr seid.
Stephan: Unsere Band heißt Missent To Denmark. Wir kommen alle ursprünglich aus Deggendorf, bis auf unser fünftes Bandmitglied, das neu ist. Aber die Grundkonstellation, also wir vier so wie wir die letzen dreieinhalb Jahre unterwegs waren, ist eigentlich eine Deggendorfer Band, obwohl wir zu dem Zeitpunkt alle schon entweder in Regensburg oder in München gewohnt haben. Deggendorf war immer der Ort, an den wir zurückgefahren sind, um dort zu proben und aufzunehmen. Die Musik, die wir bisher gemacht haben, und die man auf der Platte hören kann, ist in dem Haus von Nicos Eltern entstanden, das oben auf einem Hügel bei einem Friedhof liegt, wo man ganz ungestört ist und wunderbar Musik machen kann.

Dann kennt ihr euch schon seit der Schulzeit?
S: Ich bin zwar mit dem Nico auf dasselbe Gymnasium gegangen, aber wir sind alle keine Klassenkameraden. Ich glaube eher, dass wir zusammengefunden haben, weil unsere Interessen so ähnlich sind und es klar ist, dass sich irgendwann genau die Leute in derselben Stadt treffen.

Wie seid ihr auf euren Namen gekommen?
Robert: Da kam so ein Päckchen an aus Amerika, das hat einen Umweg über Dänemark gemacht. Und schwupps war der Name da.
S: Dazu kommt noch, dass er sehr gut klingt. Man versteht ihn zwar nicht, wenn man ihn das erste Mal hört - ich glaub, dir ging das auch so - aber, wenn man es einmal verstanden hat, dann vergisst man es auch nie wieder. Außerdem findet man ihn sofort, wenn man ihn googelt. Gleichzeitig ist der Name aber auch eine Verneigung vor skandinavischen Indie-Bands, die wir recht gern mögen wie Kashmir aus Dänemark zum Beispiel oder Logh aus Schweden. Der skandinavische Indie liegt uns schon sehr nahe, aber auch der britische, denn die skandinavischen Bands sind ja auch oft sehr britisch geprägt. Noch ein Grund, warum wir den Bandnamen gewählt haben, ist dieses Unbestimmte und Verlorensein, das mit drin steckt. Da zu sein, wo man noch nie war und sich orientieren zu müssen, das ist auch irgendwie das Bandkonzept.

Nicolas SieringKönnt ihr euch mal gegenseitig beschreiben?
S: Dann fangen wir mal mit dem Nico an. Es gibt ja immer eine inoffizielle Aufgabenverteilung in der Band. Der Nico ist so eine Art Probenchef, der auch mal auf den Tisch haut, „Ruhe!" schreit und uns sagt wo es langgeht.
R: Wenn mal „unruhr" ist (lacht).
S (lacht): Genau. Er ist da schon ein wichtiger Stabilitätsfaktor.
Nicolas: Der Bobbel ist der Einzige in der Band, der nicht aus München ist, sondern in Regensburg wohnt, was es manchmal etwas schwierig macht mit den Proben und so, deswegen sind wir auch nicht so eng zusammen, und er ist so ein bisschen außen vor (wildes Gelächter). Wenn er dann da ist, ist es aber umso schöner.
R: Dankeschön Nicolas!
N: Er ist der kleine Querkopf in der Band (erneut wildes Gelächter).
S: Eigentlich eher der große Spinner. Aber ich meine das positiv. Bei Sessions macht er oft was Verrücktes, das uns auf gute Ideen bringt, die ganz schräg sind.
R: Den Stephan kenne ich jetzt schon seit der dritten Klasse, und er ist immer schon ein großartiger Musiker gewesen, der einfach so Songs aus dem Ärmel schütteln kann. Ich kenne nicht viele Leute, die das können. Er setzt sich hin, macht irgendwas, und meistens ist das dann so super, dass wir sagen: „Okay, das nehmen wir jetzt auf!" Er geht unglaublich intuitiv an Akkordsätze ran und an Songs, hat das alles verinnerlicht.
Marcus: Ich kenne den Stephan jetzt noch nicht so unheimlich lange, aber wir wohnen zusammen, und dadurch lernt man sich ja ganz gut kennen. Auch wenn der Bobbel als der Lustige gilt, für mich ist es irgendwie der Stephan. Ich habe noch niemanden so viel lachen sehen wie den Stephan.
S: Ich glaube beim Bobbel ist es so, dass er bei seinem Lustigsein sehr phantasievoll ist und viele musikalische Einfälle hat, bei mir ist es eher der Sprachhumor. Was kann ich denn über den Marcus sagen? Der Marcus ist in der Band so etwas wie der Außenminister. Er hat ein ziemliches Talent darin, irgendwelche Sachen klar zu machen und mit Leuten umzugehen. Das sieht man auch, wenn er auf der Bühne steht. Ich höre immer wie Leute sagen: „Schau mal wie der abgeht!" Und meistens blutet er nachher dann auch (Gelächter). Außerdem ist Marcus der größte Mädchenschwarm.

Robert MeierWenn ihr eure Musik mit der anderer bekannter Bands vergleichen solltet, welche würdet ihr anführen?
R: Eine ist auf jeden Fall Radiohead
S: Wobei das wirklich nicht auf alles zutrifft.
R: Nein, überhaupt nicht, aber es ist eine Band, die wir, glaub ich, alle gerne hören.
S: Hier geht es ja nicht darum, zu beschreiben, wie genau wir klingen, sondern, dass es immer eine Schublade gibt, in die man reingesteckt werden kann, damit man die Musik irgendwie zuordnen kann.
R: Es ist aber trotzdem wichtig zu wissen, was man selbst für Musik hört und mag. Es ist ja auch nicht nur Radiohead. Stephan hat zum Beispiel gesagt, er möge Manowar (Gelächter).
S: Gestern hab ich mir eine Rachmaninov-Platte angehört.

Rachmaninov erinnert mich dann wieder an Muse.
R: Ja, so haben wir ja angefangen, vor ungefähr sieben Jahren. Das war die Sozialisation der Band, dass wir angefangen haben, Muse zu hören.
S: Ja, die erste Muse-Platte „Showbiz" hat bei uns den Gedanken ausgelöst: „Ach so, so könnte sich das auch anhören." Ich stehe heute jetzt nicht mehr so auf Muse, aber das hat uns diese neue Welt eröffnet. Weil es auch immer hieß, Muse seien die neuen Radiohead und dann hat man sich auch schon mal Radiohead angehört. Das hat meine ganze Wahrnehmung von Musik verändert. Ich fing an, Musikzeitschriften zu kaufen. Das ist ja irgendwie alles ein Feld. Ich weiß nicht, ob man Indie oder Alternative dazu sagt. Intro, Visions, Musikexpress usw., die dieses Feld abdecken, oder Radiosender wie 94.5 oder FM 4.

Auf eurer Myspace-Seite führt ihr als einen Einfluss die Band Bright Eyes an. Irgendwo habe ich auch gelesen, dass du, Stephan, mit Conor Oberst verglichen wist. Wie findest du das? Passend oder ist das auch wieder so eine Kategorisierung, die jemand vornehmen wollte, um euch besser zu beschreiben.
S: Ich verstehe nicht ganz, woher das kommt. Stimmlich bin ich ganz anders und das Bandkonzept, das Bright Eyes zugrunde liegt, ist sehr auf die Figur Conor Oberst fixiert. Er hat jetzt eine Soloplatte draußen, aber irgendwie waren Bright Eyes auch eher ein Soloprojekt. Uns sehe ich dagegen eher als demokratische Band, in der jeder etwas zum Sound beisteuert. Ich finde, The Marble Man klingt mehr nach Conor Oberst.

Leuten wird eure Musik gefallen, weil...
R: ...sie so langweilig ist (Gelächter). Es gab mal eine Phase, in der ich gesagt habe, unsere Musik sei so langweilig, dass niemand irgendwelche Erwartungen hat und sie ihm gerade dann gefällt.

Aber wie kommst du auf langweilig?
R: Langweilig in dem Sinne, dass wenn man auf dem Dorf aufwächst, jeder so schnelle Punk- oder Rock-Musik macht, Hauptsache es knallt und es scheppert und es geht nach vorne. Unser Konzept ist genau das Gegenteil: Wir wollten komplett weg von dem Nach-vorne-Gehen und eher etwas Ruhiges machen.
S: Es war quasi eine Anti-Haltung. Wir wollten Musik machen, die nicht unbedingt Spaß machen soll, sondern eine gewisse Ernsthaftigkeit mitbringt. Und ich glaube, Leuten gefällt unsere Musik, weil wir uns ziemlich ernst nehmen, auch wenn wir auf der Bühne stehen und weil unser Ziel ist, dass sie bewegen soll.
M: Ich finde auch, dass unsere Songs sehr melodiös sind und auch teilweise zu Ohrwürmern werden. Trotzdem ist ein gewisser Pop-Faktor dabei ist, weil wir nicht eine absolute arty Band sind.
S: Wobei wir auch immer daran arbeiten, das ein Stück weit zu dekonstruieren. Ein Song kann immer auf ganz viele verschiedene Arten aufgenommen werden: Er kann ein Pop-Song sein und ganz glatt klingen, aber auch sperrig werden. Wir versuchen immer diese glatte Oberfläche aufzubrechen und ein bisschen dreckiger zu klingen.

Stephan GillmeierIn fünf Jahren...
S: Ich kann dir sagen, was wir für's nächste Jahr geplant haben. Wir sind derzeit bei der Vorproduktion zu unserem Album, eigentlich zum zweiten Album, wobei das erste ja nur digital erschienen ist. Das wird also das erste physisch erscheinende Album, das dann auch im Laden steht. Geplant ist, dass es im nächsten Frühjahr rauskommt, es wird auf jeden Fall 2010 sein.
R: Kann natürlich sein, dass wir in fünf Jahren immer noch an dem Album arbeiten. (Gelächter)
S: Wir haben jetzt ein gutes Label, „Biegen & Brechen". Die haben auch Sputnik im Programm und Portmanteau und Rhythm Police. Wir sind auch zuversichtlich, dass wir nächstes Jahr eine Booking-Agentur haben werden und vielleicht sogar ein Management. Ich finde es immer vermessen, wenn man sagt, in fünf Jahren stehen wir auf den großen Bühnen und spielen alle großen Festivals. Wenn man schon so verbissen an die Sache ran geht, dann wird's eh nichts.
R: Das war bei uns nie der Fall. Man könnte vielleicht auch ein wenig verbissener rangehen als wir, aber uns fliegt  immer alles irgendwie zu, wir strengen uns nicht großartig an und kümmern uns nicht um das Drumherum.

Ihr wünschtet, ihr hättet welchen Song geschrieben?
R: „The Aftermath" von Kashmir
M: „Under Pressure" von Queen.
S: Ich finde immer "Take On Me" von AHA sensationell.
N: "Live Forever" von Oasis.

Es gibt schon einen Eintrag bei Wikipedia über euch. Habt ihr den selbst geschrieben?
S: Nee. Bei Indipedia gibt's auch einen. Aber der ist nur ganz kurz: „Stephan und Robert gründen eine Band...". Aber hast du schon mal bei Youtube reingeschaut? Da gibt's vielleicht Peinlichkeiten, mein lieber Schwan (lacht).  Der Missenttodenmark.de-Werbespot oder wie wir in Leipzig mit Mundharmonika musizieren...

Aber das habt ihr nicht selbst reingestellt?
S: Doch. (Gelächter)

Wir haben ja eben über Motormusic gesprochen, über die ihr euer erstes Album digital veröffentlicht habt. Wie seid ihr an die gekommen?
R: Die sind zu uns gekommen.
S: Das war ganz komisch, weil wir ja im Vorfeld schon die Verbindung zu Polarkreis 18 hatten. Ich glaube, wir hatten da auch schon zwei Konzerte gespielt, in Wien und in Regensburg und gleichzeitig hatten wir auch bei so einem komischen Voting-Wettbewerb mitgemacht, von Motor FM „Deine Band in der Motor FM-Playlist" und haben natürlich - wie das bei uns immer so ist - voll verloren, weil die Leute eher für Sachen abstimmen, die nach vorn gehen. Aber Motormusic haben gesagt, sie fänden uns gut und sind dann auf uns zugekommen und haben gefragt, ob wir nicht bei ihnen digital veröffentlichen wollen - auf einem Sublabel, das Motor Digital heißt - und ob wir mit Polarkreis 18 eine Tour machen wollen. Die hatten ihre Deutschlandtour dreigeteilt, was den Supportslot angeht, und wir haben dann Bayern, Baden-Württemberg, die Schweiz und Österreich bekommen.

Mit wem wart ihr noch auf Tour?
S: Das war die einzige Band, die wir länger begleitet haben, ansonsten hatten wir hin und wieder vereinzele Supportslots.
R: Hauptsächlich in München und Regensburg.
S: Zum Beispiel Tiger Lou, Last Days of April...

Marcus GraßlWen oder was würdet ihr absichtlich/ unabsichtlich nach Dänemark schicken?
M: Ich habe schon mal in Dänemark gespielt und würde die Jungs von Missent To Denmark gerne nach Dänemark schicken, denn das war eins der schönsten Konzerte, die ich jemals hatte. Das war in dem Stadtstaat Christiania in so einem wahnsinnsalten Haus. Um überhaupt zu dem Club zu kommen, musste man mit einem Lastenaufzug nach oben fahren, der außen an der Fassade angebaut war. Das war so eine tolle Atmosphäre. Dadurch, dass wir schon irgendwie eine Verbindung zu Dänemark haben, würde ich gerne mal wieder in dem Club spielen. Es war echt gigantisch und die Leute waren alle super drauf.
S: Ok, und welches Arschloch schicken wir noch nach Dänemark?
R: Da gibt's so einen Typen im Stüberl, den ich so unfreundlich finde, der sagt immer „Fräulein" zu mir.
N: Aber, stell dir mal vor du wohnst dort und wir schicken nur die schlechten Leute dahin.
R: Oder wir schicken jemanden total verplanten, der fehlgeleitet nach Dänemark kommt: „I kenn mi überhaupt nimmer aus."

http://www.myspace.com/missenttodenmark

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