Umzug mit Fräulein Nina

Verfasst von Fräulein Nina am .

UmzugEine gute Planung ist das A und O. Die Erledigungslisten liegen zum Abhaken bereit.
Zwei Wochen vorm Umzug, 3. OG Dortmund nach 3. OG Hamburg, versuche ich, den Blick die Decke entlang wandern und dabei Revue passieren zu lassen, was ich hier alles erlebt habe.

Ich bleibe an zwei auf dem Bücherregal gestapelten Wäschekörben hängen. Bei einer Geschicklichkeitsshow im japanischen TV könnte ich damit ein horendes Preisgeld gewinnen. Für Andere dürfte das einfach nur nach einem Berg Altpapier aussehen -aber nein- das sind Uniunterlagen, die ich nach der Prüfung vor 6 Jahren sowas wie chronologisch nach meiner ganz eigenen Logik archiviert habe. Im Packen war ich schon immer gut. Nahezu musealen Wert haben sie, wie auch die 50er-Jahre-Radios, gekachelte Vasen und 5 Services für jeweils 12 Personen. Ja, tatsächlich habe ich mich seit meinem letzten Umzug vor 4 Jahren darauf beschränkt, mich mit wenigen Dingen zu umgeben, die Ära der "positiven Reduktion" war lauthals von mir ausgerufen. Tagebücher, die eine ganze Zeile im Regal füllen, sind voll davon, dass weniger ja bekanntlich mehr ist und ich mich nun von überflüßigen Gegenständen und Aufgaben befreien werde, weil sie  körperliche und geistige Bewegung verhindern. So war es ja in den 50er Jahren, die Frauen waren zwangsweise an den Haushalt gebunden, weil sie zu viel spülen und aufräumen mussten.

Der Umzug ist in 3 Tagen.

Ob meiner Reden des bereinigten Alltags hatte ich bereits Prominenz erreicht, die mich bald VHS-Kurse geben lassen würde. Dank meines Fetisch für Schreibwaren, konnte ich zwischen 9 verschiedenen Notizblöcken von Din A 4 bis Din A 3, zwischen kariert, blanko und liniert wählen, um universeller meine Erkenntnisse über das Leben mit den nur nötigsten Dingen niederzuschreiben. Dabei betrachte ich in Pausen verträumt die in der Vitrine aufgestellten Sammeltassen, wie sie in diesem Muster in Dortmund bloß in der Porzelanabteilung des Kulturmuseums zu sehen sind.

"Noch einen Kaffee",  und die Frage, ob er von der Maschine, handgemacht im Steinfilter oder in einer Espressokanne auf dem Herd zubereitet wird, schreibe ich eine To-do-Liste. Kartons vom letzten Umzug sind noch bei Freunden vom Dachboden, ein Resopalküchenschrank bei den alten Nachbarn abzuholen, wenn am Samstag der Kleintransporter vor Ort ist. Der Hilfstrupp hat sich von selbst rekrutiert, seit Wochen lassen sich Freunde von mir sagen, sie bräuchten nicht helfen, "weil da ist ja nicht viel" woraufhin sie mit: "ich sehe mal zu, dass ich noch zwei Leute mitbringe" kontern.

72 Stunden und 40 Kartons später fallen die Helfer in der Wohnung ein und tragen alles die Treppen herunter. Gott sei Dank habe ich zuvor 3 Autoladungen mit „unwichtigerem Kram" in andere Keller gebracht;  und akribisch protokolliert, in welchen Haushalten und Ortsteilen Dortmunds sich welche meiner Sachen nun befinden. Dank Bus, Bahn oder Taxi werde ich künftig schnellen Zugriff auf selbstgehäkelte Eierwärmer haben, sollte mir danach sein, entsprechend natürlich einer vorausgegangenen 3-stündigen Zugfahrt von HH nach DO. 

Oben ist jetzt alles raus, ich schaue ein letztes Mal im Hausflur nach der Post. Vor der Tür sitzen meine Freunde schwitzend bei einer Limo auf Stühlen an einem Tisch- ein hübsches Bürgersteigwohnzimmer. Ich öffne den Brief, eine Zusage, die VHS ist an meinem Seminar „Entmülltes Leben"  interessiert. 

"Na, das ging ja jetzt wirklich schnell", kommentiere ich die 5-stündige Aktion. "Wollen wir dann jetzt die Stühle und den Tisch verladen?", frage ich koordinierend. "Du hast sie doch nicht mehr alle!", sagt mein Bruder liebevoll barsch, schließt die Klappe des überfüllten Transporters mit Hausrat für das Hamburger Zimmer und verlädt den Rest in seinem Auto. Ich gebe zufrieden zu Protokoll: „4 Stühle, 1 Tisch, Garage in Kruckel"-  im Packen war ich immer schon gut.

Wie es richtig geht:

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